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# taz.de -- American Football: Ein Bodygard für den Star-Spieler
> Der Deutsche Sebastian Vollmer spielt beim NFL-Primus New England
> Patriots den Bodyguard von Star-Quarterback Tom Brady. Vollmer ist der
> einzige Deutsche in der NFL-Liga.
Bild: New England Patriots Quarterback Tom Brady (l.) und Sebastian Vollmer (r.…
FOXBOROUGH taz | Es geht gerade eine Grippewelle um in Neuengland, auch Tom
Brady hat vergangene Woche ein paar Mal niesen müssen. Darüber hinaus hat
der der Quarterback der New England Patriots aber keine gesundheitlichen
Sorgen, und das dürfte für die Verantwortlichen des Vereins die beste
Bestätigung ihrer Arbeit sein.
Tom Brady ist einer der erfolgreichsten Spielmacher der National Football
League (NFL). Drei Mal hat er schon die Super Bowl gewonnen, sechs Mal
wurde er zum Allstar gewählt, rein statistisch ist er längst einer der
besten Quarterbacks aller Zeiten. Doch 2008 erlitt Brady gleich im ersten
Saisonspiel einen Kreuzbandriss, die Saison war für nach wenigen
Spielminuten zu Ende. So machten es sich die Scouts und Trainer der
Patriots zur wichtigsten Aufgabe, die besten Bodyguards für Brady zu
finden.
Der deutsche Sebastian Vollmer ist einer dieser neuen Bodyguards, und er
der einzige Deutsche, der momentan in der NFL spielt. Er hat dafür viel
aufgegeben, einen Sprung ins Ungewisse gewagt, als er 2004 mit einem
Sport-Stipendium nach Houston ging. "Nein, die Familie ist auch nicht da",
sagt er. Denn an Weihnachten wurde wie an allen anderen Tagen in der Saison
trainiert.
Immerhin kommt auch er gut mit dem Wetter im gerade so verschneiten
Nordosten der USA zurecht: "Auf Schnee Football zu spielen macht Spaß. Da
wird unsere Position noch anspruchsvoller und wichtiger. Und wenn man
gewinnt, erinnert man sich besser daran."
Die Offensive Line der Patriots, deren Hauptaufgabe es ist, den Quarterback
vor den Attacken der gegnerischen Verteidigung zu schützen, ist nun wieder
eine der Besten. Auch dank Sebastian Vollmer hat sie dafür gesorgt, dass
die Mannschaft aus Foxborough, Massachusetts, mit 480 Punkten bisher die
meisten in der NFL gesammelt hat.
Selbst in den zahlenverliebten USA gibt es zwar keine Statistik darüber,
welcher Quarterback im Schnitt am meisten Zeit hat, einen Passempfänger zu
suchen - aber gefühlt ist es Brady. Das Spiel am vergangenen Sonntag bei
den Buffalo Bills war beispielhaft: Brady warf beim 34:3-Erfolg drei
lockere Touchdown-Pässe, wieder einmal wurde kein Pass abgefangen, und er
wurde nur einmal vom Gegner zu Boden gebracht.
Besonders seine rechte Seite ist gut geschützt: Vollmers direkter
Gegenspieler Marcus Stroud brachte es im gesamten Spiel auf einen einzigen
Tackle. Nur zwei mal haben die Patriots in diesem Jahr bislang verloren,
und nun, einen Spieltag vor Ende der regulären Saison, steht bereits fest,
dass sie in den im Januar beginnenden Play-offs Heimrecht genießen werden -
bis zur möglichen Super Bowl, die diesmal für den 6.Februar in Dallas
terminiert ist.
"Sebastian ist einer, auf den man sich immer verlassen kann", sagt der
chronisch grimmige Chefcoach Bill Belichick über den 26-jährigen Vollmer.
Und Brady ergänzt: "Er arbeitet sich den Arsch ab. Er ist sehr
professionell, einer der reifsten Spieler." Und dann sagt der Quarterback
noch etwas Entscheidendes: "Er ist ein Führungsspieler für die Jungen im
Team."
Dabei spielt Vollmer gerade einmal seine zweite Saison. Der ruhige, oft
schüchtern wirkende Profi kann selbst nicht mehr umhin zuzugeben: "Ich habe
mich auf jeden Fall verbessert, das hat mit der Erfahrung zu tun. Man
erkennt irgendwann schneller, was der Gegner vorhat."
So selbstbewusst spricht der ehemalige Schwimmer aus Kaarst bei Düsseldorf
nur selten. Er will auch nicht zugeben, dass sich selbst US-Medien
zusehends mit dem Lineman aus Germany befassen. Doch der Pressesprecher der
Patriots bestätigt, dass Vollmer mittlerweile mehrere Interviews pro Woche
geben muss.
Für den Erfolg gibt es viele Gründe, zwei davon sind seine Größe von 2,03
Metern und seine 143 Kilo. Ein anderer ist wohl, dass Sebastian Vollmer ein
gläubiger Christ ist. Die NFL mag immer wieder von Skandalen erschüttert
werden, aber jedem Vergewaltiger und Mörder steht auch ein Dutzend Spieler
gegenüber, die Ruhm und Millionen mit dem Glauben zu verarbeiten versuchen.
Bei den Patriots sind Letztere zumindest in der Überzahl, und Vollmer wurde
2009 auch ins Team geholt, weil er charakterlich hineinpasst. Die
Frömmigkeit geht oft einher mit großer Leidensfähigkeit und Disziplin. Und
die ist in New England selbst für NFL-Verhältnisse überdurchschnittlich.
Dass geht bisweilen auf Kosten des Glamours, für den bei den Patriots
ausschließlich der mit dem Supermodel Gisele Bündchen verheiratete Brady
zuständig ist.
Der Rest des Teams redet vorzugsweise in Stanzen, auch Sebastian Vollmer.
"Man muss sich jede Woche verbessern", sagt er. Oder: "Wir haben noch
nichts erreicht."
Vollmer funktioniert. Er steht jeden Tag um sechs Uhr auf, trainiert,
trainiert noch mal und kommt gegen sechs Uhr nach Hause. Sonst geht er
nirgendwo hin. Brady sagt über den Spieler, den sie wegen seines
komplizierten Vornamens nur "sea bass", den Barsch, nennen: "Er ist ein
ruhiger Typ, er lässt lieber Taten sprechen."
Kürzlich erzählte Brady auch, warum das so ist: "Er will einfach von Coach
Belichick nicht angebrüllt werden für Sachen, die … nun ja, wir werden alle
von ihm mal angebrüllt." So etwas würde Sebastian Vollmer über seine
Vorgesetzten niemals verraten.
27 Dec 2010
## AUTOREN
Christoph Leischwitz
## TAGS
NFL
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