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# taz.de -- College Football: Gottesfurcht und Konfetti
> Abwehrschlacht statt Offensiv-Feuerwerk: In den USA werden die Auburn
> Tigers in einem bizarren Spiel Universitäts-Meister - weil der
> Allmächtige es so will.
Bild: Mit Gottes Hilfe: Nick Fairley von den Auburn Tigers hält die Trophäe u…
Einer musste ja schuld gewesen sein. Warum also nicht der liebe Gott. "Ich
bin nur sein Werkzeug", keuchte Cam Newton, noch ganz außer Atem nach dem
großen Sieg, "er zeigt durch mich seine Größe". Der Quarterback glaubte
also: dass er und die von ihm angeführte Mannschaft der Auburn University
die University of Oregon mit 22:19 besiegt und damit die Nationale
Meisterschaft im College Football gewonnen hatten, war vor allem IHM zu
verdanken, dem Ällmächtigen.
Tatsächlich drängte sich, so wie das Finale vor 78.600 Zuschauern in
Glendale, Arizona, gelaufen war, eine Einmischung von allerhöchster Stelle
auf. Selten hatte man ein Football-Spiel gesehen, das so viele unerwartete
Wendungen, Millimeterentscheidungen und absurde Situationen zu bieten
hatte.
Das begann damit, dass alle Vorhersagen der Experten über den Haufen
geworfen wurden. Die hatten ein Offensiv-Feuerwerk der beiden besten
Angriffsreihen prognostiziert. Stattdessen wurde das Spiel zu einer
erbitterten Abwehrschlacht. Auf der einen Seite kam Newton, dem vor einem
Monat die renommierte Heisman-Trophy als bester College-Footballspieler
verliehen worden war, nicht wie gewohnt zum Zuge, weil die Abwehr der
Oregon Ducks es meist geschickt verstand, seine Laufwege zuzustellen. Auf
der anderen gelang es den Auburn Tigers als erster Mannschaft in diesem
Jahr, Oregons gefürchteten Angriff halbwegs stillzulegen.
Bis zum Finale hatte die Mannschaft aus dem Nordwesten der USA ihre Gegner
stets mit einer einzigartigen Hochgeschwindigkeits-Offensive überrannt und
im Schnitt fast 50 Punkte pro Spiel erzielt. Der Trick der Ducks: so
schnell Football spielen wie möglich.
Die Regeln geben dem angreifenden Team eigentlich 40 Sekunden Zeit, den
Ball ins Spiel zu bringen. Diese Zeit brauchen die Mannschaften auch, damit
der Trainer den Spielzug per Funk an den Quarterback durchgeben und der ihn
im sogenannten Huddle an seine Mitspieler weiterkommunizieren kann. Darauf
verzichtet Oregon: Kaum liegt der Ball am Boden, sprinten die Spieler an
ihre Positionen, die Coaches signalisieren den neuen Spielzug per
Handzeichen aufs Spielfeld und los gehts: im Schnitt alle 13, 14 Sekunden.
Diese ungewöhnliche Blitztaktik birgt viele Risiken, aber hat dafür auch
Vorteile: Die gegnerische Abwehr wird immer wieder unvorbereitet erwischt
und hat kaum Zeit, Spieler auszuwechseln. Im Laufe der Zeit geht den
Verteidigern die Luft aus, und je länger das Spiel dauert, desto leichter
huschen die kleinen, aber ungemein schnellen Runnings Backs der Ducks
vorbei an den japsenden Fleischbergen. Mancher Gegner, erzählten einige
Ducks während der erfolgreichen Saison, flehte noch auf dem Spielfeld um
ein menschenwürdigeres Tempo.
Nicht so die Auburn Tigers. Die hielten die flinken Sprinter meist auf,
bevor sie richtig ins Laufen kamen. Trotzdem aber brauchte Auburn Glück, um
die zweite Football-Meisterschaft in der Uni-Geschichte zu gewinnen:
Nachdem Oregon zweieinhalb Minuten vor Schluss der Ausgleich gelungen war,
führte Newton sein Team zum entscheidenden Fieldgoal in der letzten
Sekunde. Entscheidend dabei war einer der obskursten Momente in der
Geschichte des College-Football: Auburn-Running-Back Michael Dyer schien
bereits zu Boden gebracht, aber hatte sich so seltsam auf seinem
Gegenspieler gedreht, dass seine Knie nie den Boden berührt hatten. Alle
dachten, das Spiel sei unterbrochen, bis Dyer wieder losrannte und
entscheidenden Raumgewinn erzielte. Ohne den bizarren Lauf wäre das Spiel
wohl in die Verlängerung gegangen.
Bei so viel Glück ging selbst Newton die Gottesfurcht flöten. "Wer zuletzt
lacht …", grinste der Quarterback und blickte in den Himmel, aus dem es
aber nur Konfetti regnete.
11 Jan 2011
## AUTOREN
Thomas Winkler
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