# taz.de -- Handy-Angriffe auf dem CCC-Kongress: Feature-Phone-Tod per SMS | |
> Auf dem CCC-Kongress haben Experten diverse Fehler in kostengünstigen | |
> Mobiltelefonen aufgezeigt. Angreifer können Geräte auch aus der Ferne | |
> lahmlegen. | |
Bild: Nicht jede SMS bringt Freude. | |
Sicherheitslücken in mobilen Geräten bleiben ein Dauerbrenner im Bereich | |
IT-Sicherheit. Davon gehen auch die beiden Wissenschaftler Collin Mulliner | |
und Nico Golde aus, die an der TU Berlin zum Thema Angriffe auf | |
Mobilfunkgeräte forschen. Auf dem CCC-Kongress stellten sie nun Details | |
ihrer Arbeit vor. Das Motto des Talks lautete: [1]["SMS-o-Death"] - | |
Gerätetod per SMS. | |
Bei ihrer Forschung konzentrierten sich Mulliner und Golde vor allem auf | |
sogenannte "Feature Phones". Das sind kostengünstige Geräte von Herstellern | |
wie Sony Ericsson, Samsung, LG, Nokia und anderen, die zwar diverse | |
Multimedia-Fähigkeiten und einen Internet-Zugang mitbringen, aber noch | |
nicht als Smartphone durchgehen. | |
Auf solchen Modellen installieren die wenigsten Nutzer eigene Software | |
("Apps"). Sie kümmern sich aber auch nicht darum, die Geräte mit | |
Firmware-Updates auf dem neuesten Stand zu halten - wenn es vom Hersteller | |
überhaupt welche gibt. So bleiben Sicherheitslücken selbst dann bestehen, | |
wenn sie bekannt sind, und können von Angreifern ausgenutzt werden. | |
Smartphones, beispielsweise Apples iPhone oder Geräte mit Googles | |
Android-Betriebssystem, lassen sich aktualisieren. So können Probleme | |
behoben werden. | |
Wie ein Angriff auf ein Feature Phone aussehen kann, demonstrierte der | |
Sicherheitsexperte Tobias Engel bereits vor zwei Jahren auf dem | |
CCC-Kongress mit Geräten von Nokia. Dabei reichte eine einzige manipulierte | |
SMS eines Angreifers, um alle nachfolgenden Kurznachrichten zu unterbinden. | |
"Fluch des Schweigens" nannte der Experte die Lücke. Da sich die Geräte nur | |
schwer mit neuer, hacksicherer Software ausstatten ließen, installierten | |
Netzbetreiber einen Filter im Mobilfunknetz, der solche Angriffsbotschaften | |
blockte. Solche Lösungen werden umso weniger praktikabel, je mehr Lücken | |
für die Geräte bekannt werden. | |
Und in der Tat: Es stecken zahllose Fehler in den Geräten. Mulliner und | |
Golde fanden dies heraus, indem sie verschiedene Angriffsszenarien | |
ausprobierten. Die Sicherheitsexperten schickten über 100.000 | |
Kurznachrichten an verschiedene Geräte großer Hersteller. Die verwendete | |
Technik nennt sich "Fuzzing": Dabei werden "verbotene" Sonder- und | |
Steuerzeichen oder Codes verschickt, die darauf angelegt sind, die | |
Empfangssoftware zu überlasten. Durch einen automatisierten Prozess lassen | |
sich so - in einem mal kürzeren, mal längeren Zeitraum - potenzielle | |
Angriffsziele aufdecken. Diese nahmen sich die Forscher dann im Detail vor. | |
Einige Geräte ließen sich auf diese Weise per SMS abschalten, andere | |
unterbrachen beim Empfang solcher Botschaften laufende Telefongespräche. In | |
wieder anderen Fällen zeigte das Gerät nach Empfang der SMS einen leeren | |
Bildschirm an, der sich per Neustart entfernen ließ. Und dann war da noch | |
die sogenannte "Schleife des Todes": Geräte wurden per SMS zum Absturz | |
gebracht und empfingen nach dem Neustart erneut die böswillige Botschaft. | |
So ergab sich eine Dauerattacke, die nur mit der Entnahme der Batterie | |
beendet werden konnte. | |
Mulliner und Golde betonen, diese Funktionsstörungen seien nur ein kleiner | |
Teil des Gesamtproblems. Feature Phones ließen sich auch über den | |
eingebauten Browser oder die Multimedia-Wiedergabe-Software angreifen. Die | |
Hersteller haben die Gefahren bislang kaum realisiert, die | |
Sicherheitsexperten berichteten von großen Schwierigkeiten, ihre | |
Entdeckungen an die Elektronikkonzerne weiterzureichen. Denn einige | |
Feature-Phone-Anbieter verfügen nicht über Sicherheitsabteilungen, die sich | |
der Probleme annehmen könnten. | |
28 Dec 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://events.ccc.de/congress/2010/Fahrplan/events/4060.en.html | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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