# taz.de -- Sudans Präsident auf Besuch im Süden: "Bye bye Bashir, bye bye Ar… | |
> Kurz vor dem Unabhängigkeitsreferendum im Südsudan besucht Präsident | |
> Bashir die Hauptstadt des Südens. Herzlich empfangen wir er allerdings | |
> nicht. | |
Bild: Vermeintlicher Abschiedsbesuch: Bashir (re.) neben Salva Kiir (li.). | |
JUBA taz | Als die Präsidentenmaschine auf dem Rollfeld in Südsudans | |
Hauptstadt Juba aufsetzt, wedelt Koang Namayjiek mit seinen Fähnchen und | |
lacht. Der 29-jährige Lehrer steht mit hunderten anderen Südsudanesen vor | |
dem Haupteingang des Flughafengebäudes, um Sudans Präsident Omar Hassan | |
al-Bashir zu begrüßen. Bashir tourt derzeit durch den Sudan, um seinem Volk | |
ein gutes neues Jahr zu wünschen. Im Südsudan wird es wohl sein | |
Abschiedsbesuch. | |
Fast vier Millionen registrierte südsudanesische Wähler im ganzen Land sind | |
ab kommenden Sonntag aufgerufen, per Volksabstimmung zu entscheiden, ob | |
sich Südsudan von der Zentralregierung in Khartum unabhängig macht. | |
Kaum jemand bezweifelt, dass die Mehrheit der Südsudanesen für die | |
Unabhängigkeit stimmt. 60 Prozent der registrierten Wähler müssen | |
teilnehmen, damit das Referendum gültig ist. Nach über zwanzig Jahren | |
Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd und sechs Jahren Frieden und | |
Autonomieregierung im Süden gilt der Volksentscheid als "letzter Schritt | |
zur Freiheit", wie es auf vielen Fähnchen steht. | |
Als die schwarzen Geländewagen aus dem Flughafengelände brausen, streckt | |
Lehrer Namayjiek dem Präsidentenkonvoi seine Unabhängigkeitsflagge | |
entgegen. "Abspaltung" steht darauf auf Arabisch und Englisch geschrieben. | |
"Ich bin so froh, dass unser Präsident uns besucht und wir ihm zeigen | |
können, dass wir die Unabhängigkeit wirklich wollen", sagt Namayjiek. | |
Und dass die Menschen in Juba mehrheitlich für die Abtrennung und die | |
Gründung eines eigenen Staates sind, das kann auch Bashir während seiner | |
Fahrt durch die Stadt nicht übersehen. Neben Namayjiek halten Studenten ein | |
Bettlaken hoch: "Stopp die Bombardierung des südsudanesischen Volkes" steht | |
darauf geschrieben. Weiter die Straße entlang hängt ein Poster an einem | |
Maschendrahtzaun: darauf ist ein schwarzer Totenschädel, daneben der | |
Schriftzug "Bye-bye Khartum!" | |
Auf dem Weg zum Präsidentenpalast von Präsident Salva Kiir, der seit 2005 | |
den Süden als Autonomiegebiet regiert, muss Bashir an einer Menschenmenge | |
vorbei, die ihm Sprechchöre entgegenbrüllt. "Bye-bye Bashir, bye-bye | |
Araber", rufen sie. Die Menschen im Süden fühlen sich als christliche | |
Afrikaner im Verhältnis zu den muslimischen Arabern des Nordens. | |
Dabei hatte Südsudans Informationsminister Mustafa Majak am frühen Morgen | |
noch das Volk aufgefordert, "unseren Präsidenten mit offenem Herzen | |
willkommen zu heißen". Präsident Bashir habe in jüngster Zeit seine | |
Kriegsrhetorik gegenüber dem Süden eingestellt und eher versöhnliche | |
Botschaften gen Süden geschickt, erklärt Majak. Diese Friedensbotschaft | |
wiederholt Bashir nun persönlich nach seinem Treffen mit Salva Kiir und | |
Südsudans Ministerrat. | |
"Wir sind zivilisierte Leute", sagt Bashir. "Selbst wenn die Ergebnisse | |
schmerzhaft sein werden, werden wir ihnen mit Vergebung, Geduld, Akzeptanz | |
sowie mit offenem Herzen und gutem Willen begegnen." Der Präsident betont, | |
er wolle Frieden für ganz Sudan, Nord und Süd. Dies muss er nun auch in der | |
Praxis unter Beweis stellen. | |
5 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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