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# taz.de -- Reform der Pflegeversicherung: SPD will Pflege sozial absichern
> Auf ihrer Klausurtagung will die SPD die Gleichstellung von pflegenden
> Angehörigen mit erziehenden Eltern beschließen und so die häusliche
> Betreuung von Demenzkranken sichern.
Bild: Eingefügt werden soll ein Pflegegeld nach dem Modell des Elterngelds.
BERLIN taz | Die SPD will dem dramatisch wachsenden Bedarf an Pflege- und
Betreuungskräften in Deutschland mit einer Stärkung der Rolle pflegender
Angehöriger begegnen. "Die Weiterentwicklung der Pflege kann sich nicht auf
eine Reform der Pflegeversicherung beschränken, sie ist eine umfassende
gesellschaftliche Aufgabe", heißt es in einer Beschlussvorlage für die
SPD-Jahresauftaktklausur am Montag in Potsdam, die der taz vorliegt. Bei
dem zweitägigen Treffen will sich die Partei für das laufende Jahr mit
seinen insgesamt sieben Landtagswahlen positionieren.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege werde gesellschaftspolitisch künftig
mindestens ebenso relevant wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie,
glaubt die SPD. Das Pflegezeitmodell von Bundesfamilienministerin Kristina
Schröder (CDU), wonach Beschäftigte zur Pflege ihrer Angehörigen Anspruch
auf teilweise Freistellung bei entsprechendem Lohnverzicht haben sollen,
hält sie für ungenügend. Stattdessen fordert die SPD Großes: die
Gleichstellung von pflegenden Angehörigen mit erziehenden Eltern. So soll
es für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung eine Lohnersatzleistung analog
zum Krankengeld bei Kindeserkrankung geben.
Eingeführt werden soll ein Pflegegeld nach dem Modell des Elterngelds,
inklusive Lohnersatzleistung und soziale Absicherung, also etwa
beitragsfreie Krankenversicherung und Anrechnung auf die Rentenzeiten. Die
Dimensionen einer solchen Reform, sollte sie umgesetzt werden, sind der SPD
bewusst: "Bis zum Jahr 2030 steigt laut Prognosen die Zahl der
Pflegebedürftigen auf 3,27 Millionen im Vergleich zu 2,37 Millionen heute",
schreibt sie. Zum Vergleich: Jährlich kommen in Deutschland etwa 660.000
Babys zur Welt, deren Eltern potenziell Elterngeld beziehen können.
Allerdings, so heißt es in dem Papier, das erkennbar die Handschrift der
Generalsekretärin Andrea Nahles trägt: "Der Umfang dieser Leistung hängt
vom Finanzierungsbedarf ab. Besonders muss darauf geachtet werden, dass
diese Leistung nicht zur Verdrängung von Frauen aus dem Erwerbsleben
führt." Die Bundestagsfraktion und die Zukunftswerkstatt Familie beim
SPD-Parteivorstand würden hierzu im ersten Halbjahr 2011 ein Konzept
erarbeiten.
Zur häuslichen Betreuung von Demenzkranken plant die SPD die Einführung
einer 24-Stunden-Pflege. Das Motiv dahinter: "Prekarität und Illegalität in
den Anstellungsverhältnissen" durch reguläre Beschäftigungsverhältnisse in
den Haushalten zu ersetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen auch
diejenigen Stellen in den Kommunen künftig besser vernetzt werden, die
soziale Dienstleistungen anbieten. Eine integrierte Versorgung von
medizinischen, pflegerischen, sozialen, alltäglichen und beratenden Hilfen
wird angestrebt.
Konkrete Vorstellungen hat die SPD zur Neudefinition des
Pflegebedürftigkeitsbegriffs, den der Gesundheitsminister Philipp Rösler
(FDP) erst im Laufe des Jahres festlegen will. Sie orientieren sich
weitgehend an den Forderungen des Pflegebeirats aus dem Jahr 2009 unter der
damaligen SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und sehen vor, die
Pflegestufen von derzeit drei auf fünf zu erhöhen und dabei nicht nur
körperliche Gebrechen zu berücksichtigen. Sondern auch Mobilität, kognitive
und kommunikative Fähigkeiten, auffällige Verhaltensweisen, die Fähigkeit
zur Selbstversorgung, den Umgang mit krankheits- und therapiebedingten
Anforderungen, beispielsweise die Medikamenteneinnahme, sowie die
Fähigkeit, den Alltag selbstständig zu gestalten.
10 Jan 2011
## AUTOREN
Heike Haarhoff
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