# taz.de -- Inszenierung von NPD und DVU: Fusion in der Schule | |
> Die NPD feiert am Wochenende in Berlin die Übernahme der Rest-DVU – | |
> ausgerechnet in einer Schule. Ob die Fusion eine gute Idee war, muss sich | |
> erst noch zeigen. | |
Bild: Ort der Fusion: Max-Taut-Oberstufenzentrum in Berlin-Lichtenberg. | |
Es ist eine dieser typischen Provo-Aktionen, die der NPD immer wieder | |
Aufmerksamkeit verschaffen. An diesem Samstag feiert die rechtsextreme | |
Partei in Berlin ihre Fusion mit der DVU - in einer Schulaula im Bezirk | |
Lichtenberg. Der Berliner Senat ist mit dem Versuch gescheitert, die braune | |
Festveranstaltung zu verhindern. | |
Die NPD, die nun den Namenszusatz "Die Volksunion" trägt, wird am | |
Wochenende die Fusion als Zusammenschluss einer "vereinten starken Rechten" | |
verkaufen. Das bezweifeln Beobachter allerdings, war doch die DVU ohnehin | |
eine sterbende Partei mit überalterten, inaktiven Mitgliedern. "Die Fusion | |
wird dem rechtsextremen Lager keine großen Vorteile bringen", schätzt der | |
Hamburger Vize-Verfassungsschutzchef Manfred Murck. | |
Der Berliner Tagesspiegel hat vor wenigen Tagen nun allerdings überraschend | |
hohe Zahlen genannt und verweist dabei ebenfalls auf Schätzungen von | |
Verfassungsschützern. Demnach könnte mit der Fusion, die faktisch eine | |
Übernahme der Rest-DVU ist, die Zahl der NPD-Mitglieder von 6.600 auf 9.000 | |
steigen. Das halten andere Beobachter allerdings für zu hoch gegriffen. Sie | |
schätzen, dass höchstens 1.000 Mitglieder von der DVU zur NPD rübermachen | |
werden. Denn vielen Ex-DVU-Mitgliedern ist die NPD zu offen neonazistisch. | |
Mit ihrem Festakt in Berlin erweckt die NPD-Spitze um Parteichef Udo Voigt | |
gezielt den falschen Eindruck eines freundlichen Zusammengehens. Als die | |
DVU im Dezember in Thüringen die Fusion beschloss, verließen vier | |
Landesverbände aus Protest den Parteitag. "Das ist keine Vereinigung, das | |
ist eine feindliche Übernahme", wetterte Max Branghofer, | |
Ex-DVU-Vorsitzender in Nordrhein-Westfalen. Und die Störfeuer der | |
DVU-Abweichler hören nicht auf. Sie hoffen, vor dem Landgericht München die | |
Fusion doch noch kippen zu können. | |
Entscheidend wird für die Zukunft der NPD sein, wie sie in diesem Jahr bei | |
zwei der sieben Landtagswahlen abschneiden wird: in Sachsen-Anhalt am 20. | |
März und in Mecklenburg-Vorpommern am 4. September. Sollte sie bei beiden | |
Wahlen an der Fünfprozenthürde scheitern, säße sie mit Sachsen nur noch in | |
einem Landesparlament. Schafft sie hingegen den Wiedereinzug in | |
Mecklenburg-Vorpommern und kommt darüber hinaus zum ersten Mal in den | |
Landtag von Sachsen-Anhalt, haben sich die Rechtsextremen in Ostdeutschland | |
endgültig etabliert. | |
Im Westen Deutschlands könnte zudem wegen der für Bremerhaven geltenden | |
Sonderregeln im Mai der Einzug in die Bremische Bürgerschaft möglich sein. | |
Ihre Mittel wird die NPD aber auf den Wahlkampf in Sachsen-Anhalt | |
fokussieren. Bei Umfragen liegt die Partei dort bei 4 Prozent. Der | |
Rechtsextremismusexperte Roland Roth von der Fachhochschule | |
Magdeburg-Stendal beobachtet mit Sorge, dass sich die NPD in den | |
vergangenen Jahren schon vielerorts kommunal verankern konnte - knapp 30 | |
rechtsextreme Kader sitzen dort in Kreistagen, Stadt- oder Gemeinderäten. | |
"Die Gefahr, dass die NPD nun auch ins Landesparlament einzieht, ist | |
ernst", sagt Roth. Umso mehr wundere ihn, dass sich die demokratischen | |
Parteien momentan so wenig mit der NPD auseinandersetzten. "Die hoffen | |
alle, dass der Kelch an ihnen vorbeigeht." | |
14 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
W. Schmidt | |
A. Speit | |
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