# taz.de -- Europa in der Eurokrise: Griechenland? Da war doch was. | |
> Das Schuldenproblem der Griechen ist nicht gelöst, sondern nur | |
> verschoben. Nun kursiert ein neuer Vorschlag zur Umschuldung, der die | |
> privaten Gläubiger entlasten würde. | |
Bild: Es soll noch schlechter werden: aufgebrachte Griechen bei einer Demo gege… | |
Das griechische Problem ist wieder da? Es war nie aus der Welt: Zwar | |
beschlossen EU und Internationaler Währungsfonds im Mai 2010, dem | |
hochverschuldeten Land bis 2013 rund 110 Milliarden Euro zur Verfügung zu | |
stellen. Was danach sein sollte, blieb aber offen. | |
Die absurde Erwartung an die immensen Sparprogramme, die Athen im Gegenzug | |
für die Hilfe durchboxen musste: Alles wird besser. Diese Hoffnung ist nun | |
perdu. Allen Prognose zufolge wird Griechenland 2013 schlechter dastehen | |
als jetzt. Kein Wunder, dass wieder über Staatspleiten und | |
Gläubigerverzichte nachgedacht wird. Neueste Variante: eine Umschuldung mit | |
Hilfe von Krediten des Euro-Rettungsfonds EFSF. | |
Ein offizieller Plan ist das noch nicht. Sowohl die EU-Kommission als auch | |
das Bundesfinanzministerium dementierten am Donnerstag Medienberichte, nach | |
denen sich die Euro-Finanzminister bereits beraten hätten. Trotzdem ist die | |
Variante nun in der Welt - und interessant. Zeigt sie doch, mit welchen | |
Windungen die politischen Entscheider noch versuchen könnten, einen | |
Gläubigerschnitt zu umgehen, der nach Meinung vieler Finanzexperten besser | |
früher als später kommen sollte. Selbst der designierte neue | |
Wirtschaftsweise Lars Feld erklärte, er gehe davon aus, dass Griechenland | |
seine Schulden nie tilgen könne. | |
Bis 2015 könnten die griechischen Verbindlichkeiten von heute 140 auf 165 | |
Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes angewachsen sein, prognostiziert | |
der Economist. Tolerierbar wären 80 Prozent. Um auf dieses Maß zu kommen, | |
müssten die Gläubiger auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichten. | |
Deutlich weicher ist die nun kursierende Umschuldungsvariante, nach der der | |
EFSF Griechenland zinsgünstige Kredite zur Verfügung stellen könnte, damit | |
es eigene Staatsanleihen aufkaufen kann. Der Vorteil: Normalerweise müsste | |
Griechenland die Inhaber der Anleihen auszahlen, wenn diese fällig werden - | |
und dann zum vollen Wert. Bis dahin werden die Titel aber auf dem Markt | |
gehandelt - derzeit zu rund 70 Prozent des Nennwerts. | |
Mit den Krediten könnte Griechenland diese Anleihen beispielsweise für 80 | |
bis 90 Prozent vorzeitig zurückkaufen. Damit würde es sowohl seine Schulden | |
ein klein wenig verringern als auch die Zinslast reduzieren. Denn der EFSF | |
würde weniger verlangen als der Kapitalmarkt. Vor allem aber würde die | |
Umschuldung die Gläubigerstruktur verändern. Athen wäre danach in erster | |
Linie vom EFSF abhängig, die privaten Gläubiger kämen schadlos davon. Bei | |
einer späteren Doch-noch-Pleite hätten die Garantieländer des Fonds die | |
Hauptlast zu tragen. | |
Der Bremer Finanzwissenschaftler Rudolf Hickel hält diesen Weg denn auch | |
für "keine Lösung". Die Zinsbelastung zu senken, helfe nur kurzfristig. | |
"Der Schuldenberg muss so drastisch verringert werden", sagte Hickel der | |
taz, "dass es nicht ohne einen Gläubigerschnitt abgeht." Aber selbst dann | |
brauche das Land zusätzlich Hilfen aus dem EFSF, um die Wirtschaft wieder | |
auf die Beine zu stellen. | |
20 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Beate Willms | |
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