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# taz.de -- Ökonom über die Eurokrise: "Der Rettungsschirm allein bringt nich…
> Wer mehr Geld in den EU-Hilfsmechanismus steckt, erfreut nur die
> Spekulanten, sagt Ökonom Stephan Schulmeister. Die Euroländer müssten die
> Zinsen selbst festsetzen.
Bild: Schulmeister: "Der Euro wird überleben."
taz: Herr Schulmeister, Griechenland und Irland werden von der EU
unterstützt, nun wird diskutiert, ob man den EU-Rettungsschirm ausweiten
soll.
Stephan Schulmeister: Das bringt nichts. Es wäre nur eine Einladung an
Spekulanten, sich auch auf Spanien zu stürzen. Die Anleger wären sicher,
dass sie die Zinsen bei den spanischen Staatsanleihen weiter hochtreiben
können und ihnen bei dem Spiel nichts passiert.
Es gibt also keine Eurokrise, sondern nur böse Spekulanten?
Den Anlegern kann man keinen Vorwurf machen. Die Gewinnmöglichkeiten auf
den Finanzmärkten sind zu groß, um sie auszulassen. Deswegen muss man die
Spielregeln ändern.
Ihr Vorschlag?
Die Zinsen dürfen nicht über der Wachstumsrate liegen. Sonst treiben die
schwachen Euroländer auf den Konkurs zu.
Und wie wollen Sie die Risikoaufschläge drücken?
Die Euroländer benötigen einen echten Europäischen Währungsfonds, der
gemeinsam Anleihen herausbringt.
Diesen Vorschlag gibt es schon: Luxemburgs Premierminister Juncker will
Eurobonds einführen.
Normale Eurobonds lösen das Problem nicht. Denn es gibt keinerlei Garantie,
dass dann die Risikoaufschläge sinken.
Junckers Idee ist, dass alle Euroländer von der Bonität Deutschlands
profitierten - und die Zinsen fast so niedrig wären wie für Bundesanleihen.
Diese Argumentation verkennt, wie die freien Finanzmärkte funktionieren.
Sie sind nicht rational, sondern neigen zu Verzerrungen. Sie produzieren
systematisch Unsicherheiten. Am Ende würde selbst Deutschland als instabil
gelten, weswegen die Anleger auch für die Eurobonds Risikoaufschläge
verlangen würden.
Und was wäre bei Ihrer Variante eines Europäischen Währungsfonds anders?
Die Zinsbildung würde nicht mehr den Finanzmärkten überlassen, sondern die
Euroländer würden klare Vorgaben machen. Um ein Beispiel zu nennen: Sie
könnten eine Auktion starten, bei der sie zehnjährige Euro-Anleihen zu
einem Zinssatz von 3 Prozent anbieten.
Und was passiert, wenn die Anleger nicht zugreifen?
Das ist sehr unwahrscheinlich. Denn es gibt ja ein enormes Volumen an
Finanzkapital, das dringend nach sicheren Anlagemöglichkeiten sucht. Da
sind 3 Prozent Zinsen besser als nichts.
Trotzdem: Ein Streik der Anleger ist nicht auszuschließen. Was dann?
Dann kauft der europäische Währungsfonds die Anleihen selbst auf. Die
Mittel würde ihm die Europäische Zentralbank (EZB) zur Verfügung stellen.
Damit schlagen Sie vor, dass die EZB wie die US-Notenbank Fed agieren soll,
die Staatsanleihen in großem Stil erwirbt.
Es gibt aber einen zentralen Unterschied: Die Fed will die Zinsbildung auf
den Finanzmärkten nur beeinflussen - in meinem Modell würde der Zins
zentral vorgegeben.
Bisher sind die EU-Staatschefs weit davon entfernt, Ihre Vorschläge
aufzugreifen. Wird der Euro also auseinanderfallen?
Nein. Der Euro wird überleben. Man darf den Selbsterhaltungsdrang von
Institutionen nicht unterschätzen. Wenn der Euro auseinanderbricht, dann
würde auch die EZB sterben. Um dies zu verhindern, hat die EZB schon jetzt
viele selbst gesetzte Regeln übertreten. Zum Beispiel kauft sie bereits
Staatsanleihen auf. Diese Politik der Selbsterhaltung wird sie fortsetzen.
17 Jan 2011
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
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