# taz.de -- Volkszählung: Wer schweigt, zahlt | |
> Wenns im Mai an der Tür klingelt, könnte ein Erhebungsbeauftragter | |
> davorstehen: Die Helfer der Statistikämter sammeln Daten für den Zensus | |
> 2011. Protest gibt es noch kaum. | |
Bild: Ab dem 10. Mai kann jeder Berliner ungeliebten Besuch bekommen: | |
Ab dem 10. Mai kann jeder Berliner ungeliebten Besuch bekommen: Für den | |
"Zensus 2011", die erste deutsche Volkszählung seit 24 Jahren, schickt das | |
Statistikamt Berlin Brandenburg "Erhebungsbeauftragte" in ausgewählte | |
Haushalte, um deren Daten zu erfassen. Zur Auskunft ist man gesetzlich | |
verpflichtet: Wer sie verweigert, muss ein Bußgeld zahlen. Von einer | |
Protestbewegung wie 1987 ist bislang aber noch wenig zu spüren. | |
Die Statistischen Landesämter führen ihre Erhebungen im Auftrag des | |
Statistischen Bundesamts aus. Das hat sich zum Ziel gesetzt, die | |
tatsächliche Einwohnerzahl Deutschlands exakt zu ermitteln. Die Zahlen von | |
1987 wurden zwar fortgeschrieben, sind nach Einschätzungen des Amts aber | |
nicht realistisch. "Die Einwohnerzahl Deutschlands wird um 1,3 Millionen | |
überschätzt", sagte Zensus-Präsidentin Ulrike Rockmann am Freitag vor der | |
Presse. Die genaue Einwohnerzahl werde für kommunale Planungen, den | |
Finanzausgleich und die Einteilung der Wahlkreise benötigt, erklärte sie. | |
Schon am 1. November 2010 wurden Daten aus den Melderegistern gesammelt, | |
aus denen nun stichprobenartig Auskunftspflichtige ermittelt werden. In | |
Berlin werden das ungefähr 126.000 Menschen sein. Sie werden von den | |
Erhebungsbeauftragten unter anderem zu Wohnsitz, Bildungsstandard, | |
Migrationshintergrund und Religionszugehörigkeit befragt. | |
Klaus Voy, Projektleiter für Berlin und Brandenburg, betonte am Freitag, | |
auch mit der Zahlung eines Bußgeldes könne sich niemand "freikaufen", die | |
Auskunftspflicht bestehe weiter. Derzeit sucht das Landesamt noch | |
Erhebungsbeauftragte - 1.800 sind für Berlin notwendig. | |
Aber nicht jeder hat Vertrauen in die neugierigen Besucher. Sandra Müller | |
vom AK (Arbeitskreis) Zensus will gegen das Berliner Ausführungsgesetz zur | |
Volkszählung klagen. Denn das regele nicht, wie die Erhebungsbeauftragten | |
mit ausgefüllten Bögen umzugehen haben. "Es ist nicht klar, ob die Bögen | |
abends bei den Erhebungsstellen abgegeben werden müssen", so Müller. Mit | |
ihrer Klage will die 22-Jährige den Zensus verzögern. | |
Nach Auskunft von Rolf Stowasser, dem Koordinator der Erhebungsstelle | |
Berlin, sind die Beauftragten zum "sachgerechten Umgang" mit den Unterlagen | |
verpflichtet. Ein kurzzeitiges Aufbewahren der Unterlagen im privaten | |
Haushalt könne aber nicht ausgeschlossen werden. | |
21 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Janina Trebing | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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