# taz.de -- Bundeswehr-Reform: Guttenberg bleibt nichts erspart | |
> Verteidigungsminister zu Guttenberg hat die Entscheidung des Kabinetts | |
> mitgetragen, 8,4 Milliarden Euro einzusparen. Nun wird er zum Gefangenen | |
> seiner Versprechen. | |
Bild: Sparer in Uniform: Ehrenformation der Bundeswehr. | |
BERLIN taz | Peter Altmaier, der parlamentarische Geschäftsführer der | |
Unionsfraktion, erklärte, dass, wer Sparpolitik ernst nehme, auch | |
"gemeinsam getroffene Festlegungen umsetzen muss". Im Übrigen stehe die | |
Unionsfraktion geschlossen hinter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu | |
Guttenberg (CSU). | |
Altmaiers auf den ersten Blick harmlos wirkender Satz hat es in sich. Denn | |
Verteidigungsminister zu Guttenberg hat die Kabinettsentscheidung, 8,4 | |
Milliarden Euro bis 2014 in seinem Haushalt einzusparen, mitgetragen. Doch | |
je näher der Termin rückt, desto weniger will Guttenberg sparen. | |
Im Kanzleramt hat man nachgerechnet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass | |
Guttenbergs Bundeswehrpläne nicht 8 Milliarden Euro sparen, sondern 1,2 | |
Milliarden Euro mehr kosten. Das Verteidigungsministerium, so die Kritik | |
des Kanzleramtes, sei nicht in der Lage, umzusetzen, was die | |
Weise-Kommission empfohlen hatte. Die Kommission hatte der Bundeswehr im | |
Herbst 2010 attestiert, chaotisch und ineffektiv zu sein. Sie empfahl einen | |
radikalen Personalab- und -umbau. Dass Angela Merkels Beamte jetzt | |
Guttenberg bescheinigen, vor alten Strukturen zu kapitulieren, ist ein | |
Warnsignal an Guttenberg. | |
Kürzlich gab es fast eine Koalitionskrise, weil Finanzminister Wolfgang | |
Schäuble (CDU) eine geringfügige Steuersenkung, die Erhöhung der | |
Werbungspauschale, erst ab 2012 in Kraft setzen wollte. Dabei ging es um | |
300 Millionen Euro. Beim Umbau der Bundeswehr geht es um 9 Milliarden Euro. | |
Um die Lage zu entdramatisieren, heißt es aus Koalitionskreisen, könne man | |
die Sparziele "zeitlich strecken", also verschieben. Gelöst ist das Problem | |
damit nicht. Schäuble macht nicht den Eindruck, sich von Guttenbergs | |
Popularität beeindrucken zu lassen. | |
Guttenberg erscheint zusehends als Gefangener seiner Versprechen. Im März | |
hatte er verkündet, dass mit ihm "eine Abschaffung der Wehrpflicht nicht zu | |
machen" sei. Nach der Sparklausur der Koalition im Juni 2010 war er | |
umgeschwenkt. Die neue Linie: Nur die Aussetzung der Wehrpflicht sorgt für | |
eine effektivere, billigere und im Ausland einsetzbare Bundeswehr. Mit | |
diesem Versprechen überzeugte Guttenberg auch die eigene Partei. Die Union | |
hatte die Wehrpflicht in den 50er Jahren gegen den Widerstand der SPD | |
durchgesetzt. Sie galt als identitätsstiftend für die Union. | |
Ein weiterer Faktor der Kostenexplosion bei der Bundeswehr ist deren Größe. | |
Guttenberg hatte lange eine Untergrenze von 163.500 Soldaten ins Spiel | |
gebracht. Um die Aussetzung der Wehrpflicht in der Union leichter | |
durchsetzen zu können, hatte sich Schwarz-Gelb auf eine Stärke von 185.000 | |
Soldaten verständigt. Doch damit lässt sich das Sparziel von 8,4 Milliarden | |
Euro bis 2014 nicht erreichen. | |
Jetzt ist CSU-Mann Guttenberg in der unbequemen Situation, dass mit dem | |
Verfehlen des Sparziels auch die zentrale Begründung für die Aussetzung der | |
Wehrpflicht wegbricht. Zusätzlicher Widerstand droht dem Minister aus den | |
eigenen Reihen. Denn im Zuge der Reform werden zahlreiche | |
Bundeswehrstandorte geschlossen werden. Die meisten gibt es in Bayern. | |
27 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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