# taz.de -- Kommentar Bundeswehr: Von wegen Staatsbürger in Uniform | |
> Der Bericht des Wehrbeauftragten legt nahe: Bei der Armee sind | |
> Entwürdigungen Alltag. Aufklärung wird versprochen, droht aber zu | |
> verpuffen. Im Militär kann man vom Drill nicht lassen. | |
Erst war nach dem Todessturz einer Offiziersanwärterin auf dem Schulschiff | |
"Gorch Fock" von Meuterei der Auszubildenden die Rede. Dann verdichteten | |
sich Informationen über die Behandlung dieser Offiziersanwärter durch die | |
Stammbesatzung zu einem Bild systematischer Entwürdigung. Der Kapitän, erst | |
von zu Guttenberg vor Vorverurteilung geschützt, wurde mit einer jähen | |
Wendung vom Verteidigungsminister geschasst. Wieder nur ein Einzelfall, auf | |
keinen Fall zu verallgemeinern? | |
Der gestern vorgelegte Jahresbericht des Wehrbeauftragten Hellmut | |
Königshaus legt einen anderen Schluss nahe. In dem Bericht ist zu lesen: | |
"Oft gehen beleidigende Äußerungen mit anderen schwerwiegenden | |
Pflichtverletzungen einher." Es mangele den Tätern bei der Erteilung von | |
rechtswidrigen Befehlen "an Unrechtsbewusstsein für ihr Handeln". Man | |
beachte das Wörtchen "oft". | |
Es lohnt sich, den Bericht von Königshaus mit dem seines Amtsvorgängers | |
Reinhold Robbe von 2009 zu vergleichen. Der hatte nach der Aufdeckung der | |
widerlichen Initiationsrituale bei einem Zug der Gebirgsjäger in Mittenwald | |
umfassende Aufklärung über solche Praktiken gefordert. Im Laufe eines | |
Jahres ist nichts passiert. Wenn jetzt der Verteidigungsminister eine | |
strenge Kontrolle aller Waffengattungen angeordnet hat, ist das Ergebnis | |
dieser Art von "Aufklärung" absehbar. In seinem Bericht hat Königshaus | |
moniert, dass es bei der Dienstaufsicht Defizite gäbe. Was nichts anderes | |
heißt, als dass rechtswidrige Handlungen der Ausbilder von ihren | |
Vorgesetzten geduldet oder sogar gedeckt würden. Allerdings bietet der | |
Verteidigungsminister selbst, was die Dienstaufsicht anbelangt, das denkbar | |
schlechteste und abschreckendste Vorbild. | |
Eigentlich wäre es jetzt für die Führung der Bundeswehr an der Zeit, die | |
Grundsätze der "Inneren Führung", also die Forderung nach dem "Staatsbürger | |
in Uniform", zu bekräftigen und das Recht auf Befehlsverweigerung gegenüber | |
menschenunwürdigen Befehlen gerade im Fall der "Gorch Fock" hervorzuheben. | |
Stattdessen hören wir von einem Oberst der Koblenzer | |
Militär-Bildungseinrichtung, also aus dem Zentrum der Inneren Führung, nur | |
ein mattes "Ja, aber". Zwar müsse die Menschenwürde stets die Grenze des | |
Zumutbaren für Rekruten bilden, aber "diese Grenze ist manchmal schwer zu | |
finden". Grundsätzlich gilt weiter: "Drill muss sein." | |
25 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Semler | |
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