# taz.de -- Tunis, Kairo und jetzt Sanaa: Protest erreicht den Jemen | |
> "30 Jahre im Jemen sind genug!" In der Hauptstadt Sanaa haben tausende | |
> Demonstranten den Rücktritt von Präsident Ali Abdallah Saleh gefordert. | |
> Er war 1978 an die Macht gelangt. | |
Bild: Haben genug von ihrem Präsidenten: Demonstranten in der jemenitischen Ha… | |
SANAA afp/dpa/dapd/taz | Inspiriert von den Protesten in Tunesien haben in | |
Jemens Hauptstadt Sanaa am Donnerstag in der Nähe der Universität etwa | |
10.000 Demonstranten den Rücktritt von Präsident Ali Abdallah Saleh | |
gefordert. Mit Blick auf den Sturz des tunesischen Staatschefs Zine El | |
Abidine Ben Ali nach 23 Jahren an der Macht, riefen die Demonstranten, Ben | |
Ali "ging nach 20 Jahren, 30 Jahre im Jemen sind genug." Der 68-jährige | |
jemenitische Staatschef Saleh war 1978 an die Macht gelangt. Bei den ersten | |
demokratischen Wahlen 1999 wurde er als Präsident bestätigt, 2006 wurde er | |
erneut für sieben Jahre gewählt. Für Freitag riefen Oppositionsführer zu | |
weiteren Demonstrationen auf. | |
"Nein zur Mandatserneuerung, Nein zur Erbnachfolge" und "die Stunde des | |
Wandels ist gekommen", rief die Menge in Sanaa, die dem | |
Demonstrationsaufruf eines Oppositionsbündnisses gefolgt war. Die Menschen | |
forderten bessere Lebensbedingungen ein Ende der Korruption und der | |
sozialen Ungleichheit. | |
Nach Angaben der Organisatoren gab es vier getrennte Kundgebungen, um die | |
Polizei zu zerstreuen. Die Regierungspartei organisierte als Gegengewicht | |
zu den Oppositionsprotesten ebenfalls vier Kundgebungen, die tausende | |
Menschen anzogen. Nach ersten Berichten blieben beide Demonstrationen | |
friedlich. | |
"Wir werden nur zufrieden sein, wenn wir die Worte ,Ich verstehe euch' vom | |
Präsidenten hören", sagte der unabhängige Parlamentarier Ahmed Haschid. Er | |
bezog sich auf eine Äußerung des tunesischen Präsidenten Ben Ali kurz vor | |
der Flucht nach Saudi-Arabien. | |
Saleh hat versucht, die schwelenden Spannungen zu entschärfen, indem er den | |
Sold der Streitkräfte erhöhte. Nach dem Volksaufstand in Tunesien Anfang | |
des Monats ließ er die Einkommensteuer um die Hälfte senken und wies die | |
Regierung an, die Preise zu kontrollieren. Um Unruhen zu verhindern, | |
postierte er Sondereinsatzkräfte der Polizei und Soldaten an wichtigen | |
Punkten der Hauptstadt. | |
Unterdessen wurde die Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Tawakul | |
Karman, die am Sonntag festgenommen worden war, wieder freigelassen. Wenige | |
Stunden später erklärte sie, ihren Kampf gegen Saleh fortzusetzen, und | |
forderte ihn auf, die anderen Gefangenen, die im Zuge der Proteste | |
festgenommen wurden, ebenfalls freizulassen. Karman ist Mitglied der | |
islamistischen Islah-Partei. Ihre Festnahme hatte neue Demonstrationen | |
ausgelöst. | |
Im Parlament wird derzeit trotz des Protests der Opposition eine Änderung | |
der Verfassung diskutiert, die Saleh eine Präsidentschaft auf Lebenszeit | |
sichern könnte. Die Opposition wirft Saleh zudem vor, die Macht an seinen | |
ältesten Sohn Ahmed übergeben zu wollen. Dieser ist Chef der | |
Republikanischen Garde, der Eliteeinheit der Armee. In einer am | |
Sonntagabend vom Fernsehen übertragenen Rede wies der Staatschef die | |
Vorwürfe zurück. "Wir sind eine Republik und ich bin gegen die Übertragung | |
der Macht", sagte Saleh. Im Jemen sind für den 27. April Parlamentswahlen | |
angesetzt. | |
Präsident Saleh ist ein wichtiger Verbündeter in dem von den USA | |
ausgerufenen weltweiten Kampf gegen den Terrorismus. Der Jemen hat mit | |
hoher Arbeitslosigkeit und schwindenden Öl- und Wasserreserven zu kämpfen. | |
Fast die Hälfte der 23 Millionen Einwohner lebt von weniger als zwei Dollar | |
am Tag, ein Drittel leidet Hunger. | |
27 Jan 2011 | |
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