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# taz.de -- Urlaub in Ägypten und Tunesien: Revolution stört Tourismus
> Das Auswärtige Amt rät dringend von Reisen nach Ägypten ab, spricht aber
> keine Reisewarnung aus. Diese hätte rechtliche Konsequenzen für
> Veranstalter und Verbraucher.
Bild: Touristen bei den Pyramiden von Gizeh: Derzeit gibt es spannendere Fotomo…
Angesichts der anhaltenden Proteste in Ägypten rät die Bundesregierung nach
langem Zögern nun dringend von Reisen nach ganz Ägypten ab. Das schließe
ausdrücklich auch die Touristengebiete am Roten Meer mit ein, sagte
Außenminister Guido Westerwelle am Dienstag. Die Entwicklung in Ägypten sei
schwer vorhersehbar, auch wenn die Lage in den Urlaubsregionen derzeit
ruhig sei. Nach einem Aufruf zu einem landesweiten Generalstreik könne es
auch dort zu Versorgungsengpässen kommen.
Bei dem Hinweis handelt es sich nicht um eine offizielle Reisewarnung, in
deren Folge deutsche Staatsbürger zur Ausreise aufgefordert und in
Sicherheit gebracht werden müssten. Prinzipiell stornieren Veranstalter
nach einer Reisewarnung auch schon gebuchte Reisen.
Ob der nun verschärfte Reisehinweis des Auswärtigen Amtes zum Stornieren
berechtigt, ist umstritten - mehrere große Reiseveranstalter bieten
allerdings nach Angaben des Deutschen Reiseverbands freiwillig kostenlose
Umbuchungen an. Einige kleine Anbieter bestehen dagegen weiterhin auf einem
Reiseantritt.
Die rechtlichen Bedingungen sind nicht ganz klar. Nach Ansicht des ADAC
können wegen dieses Hinweises nun alle Ägypten-Reisen gekündigt werden. Bei
Vertragskündigungen wegen "höherer Gewalt" fallen für Kunden zwar keine
Stornogebühren an, andere Kosten aber schon. Dem Karlsruher Reiserechtler
Alwin Kunkel zufolge müssen Kunden alle verlorenen Auslagen des
Veranstalters wie etwa für Hotelreservierungen zur Hälfte tragen, weil auch
der Reiseanbieter Opfer der "höheren Gewalt" wurde. Eine
Reiserücktrittsversicherung deckt dies nicht ab. Sie übernimmt nur Risiken
aus der privaten Sphäre eines Reisenden, etwa Krankheit, Tod eines
Angehörigen oder der Verlust des Arbeitsplatzes.
Werden Urlauber aus Krisengebieten vor dem geplanten Ende der Reise
zurückgeholt, müssen sie Leistungen innerhalb eines Monats beim
Veranstalter geltend machen, wenn diese bezahlt, aber nicht erbracht
wurden. Sonst verfällt der Anspruch auf Rückzahlung. Dies gilt auch für
Ausflüge oder Programme, die am Urlaubsort gestrichen wurden.
Schon seit dem 28. Januar haben die meisten europäischen Veranstalter -
früher als die deutschen - ihre Reisen nach Ägypten storniert, nachdem die
meisten Regierungen die Empfehlung herausgegeben haben, nur unbedingt
nötige Reisen dorthin zu unternehmen. Doch während Chinesen, Amerikaner,
Österreicher und Íraker das Land fluchtartig verließen, gaben sich deutsche
Urlauber noch ganz entspannt: "Wir merken hier in Hurghada nichts", war
häufig zu hören.
In Ägypten, wie auch in Tunesien, spielt der Tourismus ein große
wirtschaftliche Rolle. Er trägt in Ägypten rund 11 Prozent zum
Bruttosozialprodukt bei. 17 Prozent der Arbeitsplätze befinden sich im
Tourismussektor. 2010 verzeichnete das Land mit 14, 7 Millionen Urlaubern
einen Besucherrekord. Noch im Oktober 2010 sagte der ägyptische
Tourismusminister, das Land erwarte für 2011 mehr als 16 Millionen
Touristen. Die jetzigen Proteste werden das verhindern, vor allem weil
Ägypten ein Winter-Reiseziel ist. Jetzt ist dort Hauptsaison.
Tunesien hat das Glück, hauptsächlich eine Sommer-Sonne-Strand-Destination
zu sein. Bis in einem halben Jahr könnte sich bei Beruhigung der Lage das
Tourismusgeschäft wieder stabilisieren. Bislang gibt das Auswärtige Amt für
Tunesien folgende Hinweise heraus: "Trotz landesweiter Beruhigung der Lage
muss die weitere Entwicklung abgewartet werden. Deshalb wird derzeit von
nicht unbedingt erforderlichen Reisen nach Tunesien abgeraten."
Tunesiens Tourismus war schon die letzen drei Jahre im Abwärtstrend,
geschuldet auch der Konkurrenz durch türkische Billiganbieter. In Tunesien
werden sieben Prozent des Bruttoninlandprodukts im Tourismus
erwirtschaftet, über 400.000 Personen sind dort beschäftigt (bei einer
Gesamtbevölkerung von 10 Millionen). 2009 reisten 6,9 Millionen Touristen
ein. Von der touristischen Abwärtsspirale in Tunesien und Ägypten
profitiert derzeit insbesondere Spanien, allen voran die Kanaren.
1 Feb 2011
## AUTOREN
Edith Kresta
## TAGS
Reisen
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