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# taz.de -- Christoph Ahlhaus: Der Mann für die zweite Reihe
> Christoph Ahlhaus will wieder CDU-Bürgermeister in Hamburg werden. Ein
> aussichtsloser Kampf. Denn ihm fehlt das Gespür für die Hansestadt - und
> für seine Partei.
Bild: Dieter Ahlhaus, der Kümmerer. So inszeniert sich der CDU-Politiker im Wa…
HAMBURG taz | Punkt 11.30 Uhr - so kündigte es die Homepage der Hamburger
CDU an - werde der Bürgermeister am Dienstag der vergangenen Woche den
Markt am Spritzenplatz im Hamburger Viertel Ottensen besuchen. Längst ist
der Zeitpunkt verstrichen, doch Christoph Ahlhaus lässt sich nicht blicken.
Mehrere Journalisten warten vergebens auf den Auftritt des Amtsinhabers.
Rund um den Marktplatz lächeln die Kandidaten aller Parteien von den
Plakaten - die grüne Anja Hajduk, die FDP-Frau Katja Suding und natürlich
der omnipräsente Olaf Scholz, der Ahlhaus am 20. Februar als Hamburger
Bürgermeister beerben will. Von den CDU-Plakaten aber blickt nur der lokale
Kandidat der Union ein wenig traurig in die Menge. Es scheint, als wolle
die CDU ihren Spitzenkandidaten verstecken.
Der wahlkämpft unterdessen, knapp hundert Meter entfernt, im Mercado, der
Ottensener Einkaufsmeile. Schüttelt Hände, erkundigt sich bei den
Einzelhändlern brav, wie denn die Geschäfte so laufen, und hört, stets mit
dem Kopf nickend, zu, statt viel zu erklären. Für die Sorgen und Nöte der
Hamburger will er da sein, nicht abgehoben, nicht ideologisch - sehr
bodenständig. Ahlhaus, der Kümmerer.
Dass dabei niemand darauf achtet, dass Ahlhaus schließlich exakt 54 Minuten
später als angekündigt am Spritzenplatz auftauchen wird, ist dabei typisch.
Seit Ahlhaus Bürgermeister ist, herrscht im Hamburger Senat Unordnung: Der
langjährige Chef der Senatskanzlei trat zusammen mit von Beust ab, seitdem
organisiert niemand mehr den Laden.
Bei wichtigen Runden im Rathaus fehlt fast immer jemand, nur deshalb, weil
die Bürgermeister-Crew schlicht vergessen hat, ihn zu informieren.
Interview-Termine werden mehrfach verschoben, und ist endlich ein Termin
gefunden, dann kommt der Bürgermeister auch zu diesem verspätet.
Ein Kandidat im Chaos. Ahlhaus' Unfähigkeit, den eigenen Laden zu
organisieren, ist es, die im November den grünen Koalitionspartner von der
Fahne gehen ließ. Ahlhaus fehlt zudem das politische Gespür dafür, dass es
nicht gut ankommt, wenn er sich mit seiner Frau im Dienstwagen durch Paris
kutschieren oder für eine Steuer-Million seine neue Villa in den
Elbvororten sichern lässt - selbst wenn formal alles korrekt ist. Der
gebürtige Heidelberger sieht nicht, dass es in Hamburg als "unhanseatisch"
empfunden wird, wenn er sich samt seiner Simone für die Bunte als
Glamourpaar in einem Luxushotel ablichten lässt.
Ahlhaus ließ sich neben seinem stets elegant auftretenden Amtsvorgänger und
CDU-Kollegen Ole von Beust auch mal im quergestreiften Ringel-T-Shirt
ablichten. Solch modische Fehltritte unterlässt er, seit eine Stilkritik
des Hamburger Abendblatts ihn als Mann "der nach Delmenhorster
Fußgängerzone aussieht" und den "ältesten Vierzigjährigen Hamburgs"
bezeichnete. Das beweist zumindest Lernfähigkeit.
Die Vita von Christoph Ahlhaus weist keine Brüche auf. Geboren 1969 in
Heidelberg, ist er bereits als Schüler - wie er selbst einräumt - als
Spießer verschrien. Mit neunzehn macht Ahlhaus eine solide Ausbildung zum
Bankkaufmann, um dieser ein genauso solides Jura-Studium anzuschließen.
Weil in der Heidelberger CDU alle Karrierewege für ihn verschlossen
bleiben, kommt Ahlhaus 2001 an die Elbe und machte hier bei den
Christdemokraten eine Blitzkarriere: CDU-Landesgeschäftsführer bis 2006,
Innenbehördenstaatsrat bis 2008, Innensenator bis August 2010 und
schließlich Hamburger Bürgermeister seit dem 25. August vergangenen Jahres.
Gleich mehrfach hat Ahlhaus sein Image gewechselt. Als Hamburger
Innensenator gab er zwei Jahre lang den Hardliner. Als von Beust im Juli
2010 als Bürgermeister abtrat, signalisierte Ahlhaus, er sei ganz anders -
grün-affin, liberal, modern und umweltbewusst. Nach dem Bruch der
schwarz-grünen Koalition im November 2010 schwenkte Ahlhaus wieder nach
rechts und kritisierte etwa die schwarz-grüne Schulpolitik als Fehler.
Das Wahlvolk ist verwirrt. Kaum noch lässt sich erkennen, wer Ahlhaus ist.
Hamburgs Bürgermeister ist zum Mann ohne Eigenschaften geworden.
Gegen Olaf Scholz, SPD-Spitzenkandidat, hat so einer keine Chance. 20
Prozent liegt die CDU derzeit hinter der SPD, und stellen Demoskopen die
Bürgermeister-Frage, dann ist die Differenz zwischen Scholz und Ahlhaus
noch weit größer.
Sollten die Hamburger Ahlhaus abwählen, wird er nach knapp halbjähriger
Amtszeit nicht mal den Titel des Bürgermeisters mit der kürzesten Amtszeit
tragen dürfen. Den schnappte ihm 1920 der parteilose Gustav Friedrich
Stahmer weg, der nur ganze 54 Tage die Hansestadt regierte. Selbst hier
bleibt Ahlhaus der Mann in der zweiten Reihe.
8 Feb 2011
## AUTOREN
Marco Carini
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