# taz.de -- Hamburgs Bürgermeister über Neuwahl: "Ich bin kein Traumtänzer" | |
> Eine Neuauflage von Schwarz-Grün nach der Neuwahl hält er für | |
> unrealistisch. Doch einen Rechtsruck der Hansestadt-CDU will | |
> Bürgermeister Christoph Ahlhaus nicht erkennen. | |
Bild: Bürgermeister Ahlhaus: "Auch ich habe Fehler gemacht." | |
taz: Herr Ahlhaus, Sie sind jetzt fast vier Monate im Amt - ist Ihnen | |
bewusst, dass Sie schon die längste Zeit Bürgermeister gewesen sein | |
könnten? | |
Christoph Ahlhaus: Klar macht man sich Gedanken angesichts der | |
Umfragewerte. Ich bin ja kein Fantast. Ich bin aber auch nicht mutlos. Bis | |
zum 20. Februar ist noch viel Zeit. | |
Bis zur Wahl haben Sie aber noch viel aufzuholen: Die SPD liegt in Umfragen | |
bei etwa 43 Prozent, die CDU bei 22, die Grünen bei 20. Da scheint der | |
dritte Rang realistischer als der erste. | |
Wir kämpfen darum, stärkste Fraktion zu werden. Und ich bin optimistisch, | |
denn ich sehe, dass die CDU geschlossen und entschlossen ist. Keine Frage, | |
vom Koalitionsbruch haben bislang offensichtlich nur die Grünen profitiert. | |
Aber das ist eine Momentaufnahme. Wir müssen jetzt im Wahlkampf deutlich | |
machen, dass nicht alles, was schlecht lief in der Koalition, Schuld der | |
CDU ist, und nicht alles, was gut lief, an den Grünen lag. Und wir müssen | |
klarmachen, dass Rot-Grün kein Zukunftsmodell für Hamburg ist. | |
Ihr Optimismus in Ehren: Die CDU steht zurzeit allein, ein | |
Koalitionspartner ist nicht in Sicht. Glauben Sie im Ernst an die absolute | |
Mehrheit? | |
Ich bin kein Traumtänzer. Die absolute Mehrheit wäre ein vermessenes | |
Wahlziel. Aber wenn wir stärkste Partei würden, und das halte ich für | |
möglich, hätten wir Gestaltungsoptionen. | |
Auch als Juniorpartner in einer großen Koalition unter SPD-Bürgermeister | |
Olaf Scholz? | |
Die Frage stellt sich doch jetzt nicht. | |
Wie erklären Sie sich, dass die Menschen die CDU nach einer zehnjährigen - | |
aus Ihrer Sicht erfolgreichen - Regierungszeit so abstrafen? | |
Die derzeitige Stimmungslage ist keine Gesamtwürdigung von zehn Jahren | |
CDU-Politik, sondern eine Bewertung der letzten Monate. Und da muss man | |
selbstkritisch einräumen, dass die schwarz-grüne Koalition nach der | |
Niederlage bei der Schulreform im Juli nicht richtig Tritt gefasst hat. Da | |
schließe ich mich persönlich auch gar nicht aus. Auch ich habe Fehler | |
gemacht. | |
Zum Beispiel? | |
Der inhaltliche Fehler war, die Schulpolitik zugunsten des grünen | |
Koalitionspartners geändert zu haben. Da ist insbesondere bei CDU-Wählern | |
der Eindruck entstanden, dass diese Linie unglaubwürdig ist. Das ist uns | |
schlecht bekommen. | |
Jetzt konzentriert sich die CDU mit einem Rechtsruck auf ihre konservative | |
Stammwählerschaft. Die liegt aber in Hamburg nur bei etwa 25 Prozent. | |
Es gibt keinen Rechtsruck, es geht auch nicht um CDU pur, sondern es geht | |
um gesunden Menschenverstand pur. Es liegt aber doch in der Natur des | |
Wahlkampfs, dass man die eigenen Positionen heraushebt. Das tun die anderen | |
Parteien auch. Das hätte übrigens auch in einer Koalition funktionieren | |
können, wenn beide Seiten das gewollt hätten. Aber die Grünen wollten | |
lieber den Bruch in der Erwartung "Uns nützt das, und die CDU ist | |
gelackmeiert". Verantwortungsvolle Politik ist das nicht. | |
Rechts abbiegen ist aber auch nicht erfolgversprechend. | |
Wir biegen weder rechts ab, noch machen wir Politik nach Umfragen, sondern | |
Politik, von der wir überzeugt sind. Ich habe aus der Debatte über die | |
Schulreform gelernt, dass man sich für einen Kompromiss nicht so verbiegen | |
darf, dass es wehtut. | |
Gibt es eine Perspektive für ein erneutes schwarz-grünes Bündnis in | |
Hamburg? | |
Der Misserfolg in Hamburg heißt nicht, dass diese Perspektive für alle Zeit | |
undenkbar geworden ist. Kurzfristig sehe ich das allerdings nicht als | |
realistische Möglichkeit. | |
Und in anderen Ländern und im Bund? | |
Die Situation ist eher so, dass die Gräben zwischen CDU und Grünen tiefer | |
geworden sind. Die Rahmenbedingungen sind zurzeit nicht günstig. Das kann | |
sich aber auch wieder ändern. | |
17 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
M. Carini | |
S.-M. Veit | |
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