# taz.de -- Bundesbanker Weber tritt zurück: Merkels europapolitisches Problem | |
> An den deutsch-französischen Wirtschaftsverhandlungen nahm | |
> Noch-Bundesbank-Präsident Axel Weber schon nicht mehr teil. Für Merkel | |
> wird sein Rückzug am 30.4. zum Problem. | |
Bild: Bundesbankchef Weber am Freitag am Kanzleramt. | |
Bundesbank-Präsident Axel Weber tritt zum 30. April vorzeitig von seinem | |
Amt zurück. Das teilte Regierungssprecher Steffen Seibert nach einem | |
Gespräch Webers mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag in | |
Berlin mit. | |
Am Freitagmittag schon wurde der scheidende Bundesbank-Präsident nicht mehr | |
gebraucht. Beim deutsch-französischen Wirtschaftsrat im | |
Bundesfinanzministerium verzichtete CDU-Minister Wolfgang Schäuble auf die | |
Mitwirkung Axel Webers. Der Grund: Am vergangenen Mittwoch hatte der | |
Noch-Chef der Bundesbank Kanzlerin Angela Merkel telefonisch mitgeteilt, | |
dass er kein Interesse mehr am Chefsein und auch nicht an der Kandidatur | |
für den Präsidentenposten der Europäischen Zentralbank (EZB) habe. | |
Nicht nur Schäuble nahm Weber diesen eigenmächtigen Rückzug übel. Auch | |
Merkel sah ihre Linie durchkreuzt, mit Weber einen Deutschen auf dem | |
Chefsessel der EZB als Nachfolger des Franzosen Jean-Claude Trichet zu | |
platzieren. Das hat sie Weber bei ihrem kurzfristig anberaumten Gespräch im | |
Kanzleramt am Freitagnachmittag wohl auch gesagt. Die angekündigte | |
schriftliche Erklärung über das Treffen wurde bis Redaktionsschluss nicht | |
veröffentlicht. Nun braucht Merkel eigentlich einen neuen EZB-Kandidaten. | |
In Frage kommen beispielsweise der Chef des europäischen Rettungsfonds | |
EFSF, Klaus Regling, oder Jürgen Stark, der Chefvolkswirt der EZB. | |
Ob sich die Mitglieder der Eurozone auf einen der beiden besser einigen | |
könnten als auf Weber, ist fraglich. Auch deshalb sagte Wolfgang Schäuble | |
gestern: "Deutschland hat nie erklärt, dass es auf einen deutschen | |
Kandidaten besteht." Dem Wortlaut nach mag diese Formulierung stimmen, | |
sinngemäß aber nicht. Die Bundesbank als ehemalige Hüterin der harten | |
D-Mark und die konservativ-liberale Bundesregierung haben in der | |
gegenwärtigen Eurokrise ein großes Interesse daran, die Geld- und | |
Finanzpolitik der Europäischen Zentralbank von der Spitze aus zu lenken. | |
Denn die Bundesbank stellt den stabilen Wert des Euro, die Bekämpfung der | |
Inflation und Sparsamkeit bei den staatlichen Ausgaben mehr in den | |
Vordergrund als andere Euro-Regierungen. Axel Weber sollte und wollte als | |
Garant dieser deutschen Position in der EZB wirken. Merkel gedachte ihm | |
auch eine Rolle bei dem schwierigen Unterfangen zu, die Bundesbürger mit | |
der teuren Rettung des Euro angesichts der Währungskrise in Griechenland | |
und Irland zu versöhnen. Dass Weber seine Kandidatur nun aufgab, lag wohl | |
in erster Linie daran, dass andere Euro-Regierungen die vermeintlich | |
ideologische deutsche Position kritisierten und Weber deshalb nicht | |
unterstützten. | |
Wer Trichet anstatt Weber nachfolgen könnte, ist noch nicht klar. Als ein | |
aussichtsreicher Kandidat erscheint der italienische Notenbanker Mario | |
Draghi. Gegen ihn spricht freilich, dass unlängst bereits ein anderer | |
Südeuropäer, der Portugiese Vitor Constancio, EZB-Vizepräsident wurde. | |
Diesen hatte Merkel unterstützt, um danach den "Nordeuropäer" Weber | |
leichter installieren zu können. Mit im Rennen sind zudem der | |
luxemburgische Notenbank-Präsident Yves Mersch und der Chef der finnischen | |
Notenbank, Erkki Liikanen. | |
Auch für die Spitze der Bundesbank braucht Merkel nun einen neuen Kopf. | |
Hier wiederum kommen EZB-Volkswirt Jürgen Stark oder auch | |
Wirtschaftsexperte Jens Weidmann aus dem Kanzleramt in Frage. Und was will | |
der 53-jährige Axel Weber künftig tun? Pläne für einen Wechsel an die | |
Vorstandsspitze der Deutschen Bank hat er bislang nicht kommentiert. In | |
jedem Fall müsste er erst mal Pause machen. Gesetzliche und | |
arbeitsvertragliche Regelungen sehen vor, dass ein Bundesbankvorstand erst | |
nach einer Karenzzeit zwischen einem halben und zwei Jahren in die | |
Privatwirtschaft wechseln kann. | |
11 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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