# taz.de -- Jens Weidmann wird wohl Bundesbankchef: Merkels Mann fürs Geld | |
> Jens Weidmann wird wohl neuer Präsident der Bundesbank. Merkels Berater | |
> im Kanzleramt verbindet Unabhängigkeit, Pragmatismus und | |
> Stabilitätsorientierung. | |
Bild: Jens Weidmann gilt als pragmatischer Marktliberaler. Er dürfte die tradi… | |
BERLIN taz | Hält Kanzlerin Angela Merkel auf dem Rückflug von | |
internationalen Gipfeltreffen ein abendliches Plauderstündchen mit | |
Journalisten ab, lehnt Jens Weidmann irgendwo hinten an der Kabinenwand. | |
Auf Ansprache der Kanzlerin steht er manchmal mit einem Informationsdetail | |
zur Verfügung, verfolgt ansonsten das Gespräch und zieht sich zurück, wenn | |
es rund läuft. | |
Der zurückhaltende 42-Jährige war bisher Merkels wichtigster | |
Wirtschaftsberater im Kanzleramt. Nun könnte er die Nachfolge von Axel | |
Weber als Präsident der Bundesbank antreten. In Selbstverständnis und | |
Auftreten ist der 42-jährige Jens Weidmann weniger Politiker als vielmehr | |
politischer Beamter. Dieses Profil begünstigt seinen Wechsel zur | |
Bundesbank, die auf Unabhängigkeit von der Politik bedacht ist. In diesen | |
Tagen laufen zwischen Regierung und Opposition die letzten Abstimmungen. In | |
Kürze dürfte die Personalie verkündet werden. | |
Ausgelöst wird die Rochade durch Webers Entscheidung, weder eine zweite | |
Amtszeit als Bundesbankpräsident noch eine Kandidatur für den Chefsessel | |
der Europäischen Zentralbank (EZB) anzustreben. Während die Ansprüche der | |
Bundesregierung auf die Besetzung des Chefsessels der EZB dadurch | |
unrealistischer geworden sind, braucht Merkel aber zumindest einen guten | |
Ersatz für die Bundesbank. | |
Jens Weidmann studierte Ökonomie unter anderem bei Axel Weber, als dieser | |
noch Professor war, ging später zum Internationalen Währungsfonds und wurde | |
dann Generalsekretär des Sachverständigenrats, der die Bundesregierung | |
berät. Nach einer dreijährigen Station als Chef der geldpolitischen | |
Abteilung der Bundesbank empfahl ihn Weber ans Bundeskanzleramt. Dort | |
bereitete Weidmann für Merkel die internationalen Finanzgipfel vor. | |
Der parteilose Weidmann ist ein pragmatischer Marktliberaler. Zu seinen | |
Anliegen dürfte es gehören, die traditionelle Orientierung der Bundesbank | |
an der Geldwertstabilität fortzusetzen. Diese Position wird Weidmann auch | |
in den Gremien der EZB vertreten. Beispielsweise teilt er Webers Kritik an | |
der Politik des scheidenden EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet, der | |
abgewertete Staatsanleihen hoch verschuldeter Länder wie Griechenland | |
aufkaufen ließ und die schwachen Staaten quasi mittels der Notenpresse mit | |
Geld versorgte. Wie Weber hält Weidmann dies für eine Gefährdung des Werts | |
des Euros. | |
Andererseits war Weidmann daran beteiligt, den europäischen Rettungsfonds | |
ESFS zu gründen und schwache Euro-Staaten vor dem Zusammenbruch zu | |
bewahren. Und er kann sich damit anfreunden, dass die Staaten der Euro-Zone | |
gemeinsame Anleihen herausgeben, damit die schwachen Staaten von den | |
besseren Kreditkonditionen der starken Länder profitieren. | |
Mit Weidmann könnte die Haltung der Bundesbank etwas weniger deutsch und | |
stattdessen europäischer werden. Und weil er nur wenige Jahre im | |
Regierungsapparat verbrachte, verfügt er über die nötige Unabhängigkeit, um | |
sich nicht aus Berlin hineinreden zu lassen. | |
15 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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