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# taz.de -- Lee Tamahoris straighte Iraksploitation: Unter der Gürtellinie des…
> Durchaus angenehm schlecht: Lee Tamahoris "The Devils Double" (Panorama)
> ist erfreulich frei von moralisch-ästhetischer Wohlanständigkeit.
Bild: Dominic Cooper spielt Saddams Sohn und dessen Double.
Der Teufel: das ist Udain Hussein, der Sohn von Saddam, ein Mann, der
minderjährige Jungfrauen von der Straße pflückt und vergewaltigt. Der
unkontrolliert um sich schießt, wenn ihm jemandes Nase nicht passt. Sein
Double: Latif Yahia, ein aufrechter Mann, der zu seinem Unglück Udain
verteufelt ähnlich sieht, erst recht nach ein paar operativen Korrekturen.
Latif wird in einen Job gepresst, den man seinem schlimmsten Feind nicht
wünscht - er tritt in der Öffentlichkeit als Sohn des Diktators auf,
vorzugsweise dort, wo es brenzlig wird. Aber ein Kugelhagel ist nichts
gegen das Unglück, in der Nähe dieses gemeingefährlichen Irren zu sein.
Die Geschichte, die Lee Tamahori in "The Devils Double" erzählt, ist mehr
oder weniger, wenngleich so, wie er sie erzählt, wohl eher weniger als mehr
wahr. Sie beginnt Anfang der Neunziger, kurz vor dem Einmarsch des Irak in
Kuwait. Mit einem politischen Film im engeren Sinn ist dieses Machwerk aber
kaum zu verwechseln. Buch und Regie lassen mit Gusto keine Gelegenheit aus,
unter die Gürtellinie des Mainstream-Kinos zu zielen.
Dominic Cooper fügt sich in seine Doppelrolle als Wüstling und Softie mit
den Mitteln der Schmiere. Als faszinierend deplatziertes Erotikum spaziert
die Schauspielerin Ludivine Sagnier durch Disco, Wüste und Boudoir. Die
hochdefiniert-billigen digitalen Spielfilmbilder werden mit schummrigen
Dokumentaraufnahmen des Krieges umstandslos zusammengeschnitten. Der
politische Hintergrund ist dabei kaum mehr als Vorwand und Anlass für Sex
und für Crime. Revolverkugeln und Dialogsätze schlagen mit vergleichbar
subtilen Wirkungen ein.
"The Devils Double" ist straighte Iraksploitation von
"Direct-to-Video"-Kaliber. Insgesamt erfreulich frei von
moralisch-ästhetischer Wohlanständigkeit. Für Trashgenuss allerdings auch
wieder nicht losgelassen genug. Regisseur Tamahori war mal ein kommender
Mann, er hat sogar einen Bond-Film gedreht. Zuletzt war in "Next" Nicolas
Cage bei ihm schön delirant. Nun das. Nach welchen kuratorischen Maßstäben
so ein Film ins "Panorama" passt, ist ein Rätsel. Vorstellbar wäre eine
Berlinale-Sektion, die sich liebevoll mit dem in aufrechter Weise
Missratenen befasst. Wie sich aber ein so durchaus angenehm schlechtes
B-Movie mit in derselben Reihe gezeigtem verlogenem Oscar-Kitsch à la
"También la lluvia" verträgt, weiß der Teufel.
12. 2. Cinemaxx 7, 13.30 Uhr; 13. 2. Cubix 9, 17 Uhr; 15. 2. Cubix 9, 17
Uhr; 19. 2. Cubix 7, 22.30 Uhr
12 Feb 2011
## AUTOREN
Ekkehard Knörer
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