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# taz.de -- Kömodie über die französische Banlieue: Die Autorität der Ander…
> Die Sozialkomödie "Dernier Etage Gauche Gauche" von Angelo Cianci
> (Panorama) erzählt mit viel Humor von der Hilflosigkeit der Menschen in
> der französischen Banlieue.
Bild: Mit einem breiten Grinsen betrachtet Angelo Cianci das Leben algerischer …
Jetzt liegt er in der Badewanne mit einem Klebeband überm Mund. Dabei muss
François Echevarria (Hippolyte Girardot) dringend zu einem Beratertermin
weg, sonst war's das mit seiner Ehe. Der Gerichtsvollzieher ist nicht ganz,
aber doch einigermaßen verzweifelt.
"Dernier Etage Gauche Gauche" (Letzte Etage, Links, Links) ist der erste
Spielfilm von Angelo Cianci. Mit einem breiten Grinsen wird von der
Tristesse algerischer Einwanderer in der französischen Banlieue erzählt,
und je absurder sich die Geschichte dabei entwickelt, desto genauer bildet
sie die realen Machtverhältnisse ab.
Denn das ist der Alltag von Mohand und Salem Atelhadj (grandios gespielt
von Aymen Saïdi und Mohamed Fellag): Ständig finden sie sich in
eskalierenden Situationen wieder, die sie nicht verstehen, denn es sind
immer die anderen, die Autorität für sich in Anspruch nehmen dürfen, die
das Geld haben, das sie dringend brauchen. Und so haben sich die beiden
sich aufs Jammern verlegt und aufs Improvisieren.
Genau in dem von viel Selbstironie getragenen Selbstmitleid treffen sich
dann auch die Kontrahenten: Während vor der Wohnungstür der Atelhadjs
Scharfschützen Position beziehen, um die Geiselnahme zu beenden, die keiner
wollte, die eben passiert ist, verbünden sich Vater und Sohn mit dem
Gerichtsvollzieher und bilden in ihrer Angst vor dem, was sich da draußen
an Staatsmacht zusammenballt, eine unfreiwillige Ménage-à-trois. Keiner mag
sich selbst, keiner mag den anderen, die Allianz ist also äußerst kippelig.
Leicht könnte die Geschichte in eine naive Wohlfühlkomödie abgleiten: Am
Ende siegt die Menschlichkeit der kleinen Leute. Doch das lässt Cianci
dankenswerterweise nicht zu. Und so steht am Ende ein grandioses
Schlussbild: Aus Protest gegen die maßlose Staatsgewalt - die sich ja nie
nur gegen einzelne, sondern immer auch gegen die Banlieue-Bewohner
insgesamt richtet - beginnen die Bewohner, ihre Möbel aus dem Fenster zu
werfen.
Für einen Moment lassen sie ihre schäbige Einrichtung fliegen, sagen sich
los von allem Materiellen, genießen diesen kleinen Moment der Freiheit.
Eine Freiheit aber, die sich in der Konsequenz nur gegen sie selbst
richtet: Danach werden sie keine Möbel und noch mehr Müll in ihrem Viertel
haben. Es ist selten, dass ein Film mit so viel Humor von einer totalen
Hilflosigkeit erzählt.
14. 2., 22.45 Uhr, CineStar 3; 15. 2., 20.15 Uhr, Cubix 7; 16. 2., 22.30,
Colosseum 1; 18. 2., 17 Uhr, International
14 Feb 2011
## AUTOREN
Ines Kappert
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