# taz.de -- Direkte Demokratie: Linke will Volk mehr entscheiden lassen | |
> Geht es nach Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke), sollen Bürger vor | |
> dem Verkauf öffentlicher Unternehmen künftig mitbestimmen dürfen - per | |
> Volksentscheid. | |
Bild: Will mehr direkte Demokratie: Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). | |
Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) will das Mitspracherecht von | |
Bürgern beim Verkauf von öffentlichem Eigentum stärken. Wenn eine Regierung | |
Unternehmen der Daseinsvorsorge, zum Beispiel öffentlicher Nahverkehr oder | |
Müllentsorgung, privatisieren will, soll die Bevölkerung dem Verkauf in | |
einem Volksentscheid zustimmen. Einen entsprechenden Vorschlag werde er | |
seiner Partei unterbreiten, sagte Wolf am Mittwoch. | |
Der Vorschlag kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Bevölkerung und Politik über | |
die Zukunft der Wasserversorgung in der Stadt diskutieren. Am vergangenen | |
Sonntag hatten 27 Prozent der Wahlberechtigten in einem Volksentscheid | |
einem Gesetzentwurf zugestimmt, der die Offenlegung der Verträge über die | |
Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe vorsieht. Nach dem Verkauf | |
vor zwölf Jahren waren die Verträge lange geheim gehalten worden - erst im | |
vergangenen Herbst gelangten sie an die Öffentlichkeit. Politiker der | |
rot-roten Regierung bemühen sich nun, das Votum als Rückenwind für einen | |
Rückkauf der Wasserbetriebe zu sehen. Die Kritik an der Privatisierung | |
entzündete sich vor allem an den seit der Teilprivatisierung stark | |
gestiegenen Wasserpreisen. Die sollen nach einem Rückkauf wieder sinken. | |
"Hätte es schon 1999 so eine Möglichkeit gegeben, wäre es wahrscheinlich | |
nicht zu einer Privatisierung gekommen", sagt Wolf über seinen Vorschlag. | |
Sicher ist das nicht, denn damals herrschte - anders als heute - ein wenig | |
privatisierungskritisches Klima. Wolf ist mit seinem Vorschlag nicht | |
allein. In Hamburg ist derzeit ein Volksbegehren in Vorbereitung mit dem | |
Ziel, einen Volksentscheid über eine entsprechende Verfassungsänderung | |
herbeizuführen. | |
"Wir sind dafür, so ein obligatorisches Referendum einzuführen", sagt Lynn | |
Gogolin vom Verein Mehr Demokratie. Auch Thomas Rudek vom Wassertisch, der | |
den Volksentscheid vom vergangenen Sonntag initiiert hatte, äußerte sich | |
positiv über den Vorschlag. "Die Idee an sich geht in die richtige | |
Richtung." Allerdings sei ein Volksentscheid nicht per se gut. "Man muss | |
die Bevölkerung ernst nehmen, man muss sie umfassend und transparent | |
informieren, nur dann hat so ein Referendum Sinn." | |
Unklar ist, ob für das verpflichtende Referendum eine Verfassungsänderung | |
notwendig ist. Während das Hamburger Volksbegehren eine solche vorsieht, | |
geht Wolf davon aus, dass auch ein Gesetz ausreicht. Das sei aber noch | |
nicht eingehend geprüft worden. | |
Sollte aus der Idee des Wirtschaftssenators tatsächlich ein Gesetzesentwurf | |
werden, dürfte der es allerdings schwer haben. "Für uns hat sich die Frage | |
noch nicht gestellt", sagt Thorsten Metter, Sprecher der SPD-Fraktion. Denn | |
weitere Privatisierungen schließe man politisch aus. Noch weiter in ihrer | |
Ablehnung gehen die Grünen: "Volksentscheide müssen aus der Mitte des | |
Volkes entstehen", sagt die Fraktionsvorsitzende Ramona Pop. Auch die CDU | |
winkt ab. Eine Pflicht für Volksentscheide bei entsprechenden Verkäufen | |
hält der wirtschaftspolitischer Sprecher Heiko Melzer nicht für sinnvoll. | |
Wichtiger sei eine breite öffentliche Debatte im Vorfeld. | |
16 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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