# taz.de -- Auswirkungen des Hamburger Wahlergebnisses auf Berlin: Grüne fürc… | |
> Offiziell geben sich die Berliner Grünen unbeeindruckt vom Wahlausgang in | |
> Hamburg. Unter der Hand geben aber viele zu: Schwarz-Grün ist kaum noch | |
> möglich. | |
Bild: Offiziell geben sich die Grünen unbeeindruckt | |
Nein, sagt die Landesvorsitzende. Nein, sagt der Landesgeschäftsführer. | |
Nein, sagt auch der Fraktionschef. Hamburg, darin ist sich die Spitze der | |
hiesigen Grünen einig, sei keinesfalls mit Berlin zu vergleichen. Für das | |
Wahlergebnis an der Alster seien lokale Gründe ausschlaggebend gewesen, | |
sagt Irmgard Franke-Dressler. In Hamburg habe es eine Sondersituation | |
gegeben, ergänzt André Stephan. Nur eine Sache sei übertragbar, meint | |
Volker Ratzmann: Hamburg habe gezeigt, dass man eine verbrauchte, lustlos | |
regierende Partei ablösen könne. | |
Offiziell geben sich die Berliner Grünen am Tag nach der Hamburg-Wahl | |
unbeeindruckt. 11,2 Prozent hat die Partei dort geholt. 1,6 Prozentpunkte | |
mehr als beim letzten Urnengang. "Das ist ein solides Ergebnis", sagt André | |
Stephan, der als Geschäftsführer der Berliner Grünen auch den Wahlkampf der | |
hiesigen Spitzenkandidatin Renate Künast managt. Doch im Herbst waren den | |
Hamburger Grünen bis zu 20 Prozent der Stimmen prognostiziert worden. Kurz | |
vor der Wahl lagen sie in Umfragen noch bei 15 Prozent. Da relativiert sich | |
der Stimmenzuwachs. | |
Auch in Berlin bescheinigen Umfragen den Grünen ein Stimmenhoch. Zuletzt | |
lagen sie bei 23 Prozent, fast 10 Punkte mehr als bei der Wahl 2006. Die | |
Frage ist, ob sie das bis zum Wahltermin am 18. September halten können. | |
Intern erinnert man an das "Wielandsche Gesetz", nach dem die Partei nur in | |
Umfragen, nicht aber bei Wahlen punkten könne. | |
Das geht auf Wolfgang Wieland zurück - einst Fraktionschef der Grünen im | |
Abgeordnetenhaus, heute Mitglied im Bundestag. In den 90er Jahren habe die | |
PDS bei Wahlen deutlich besser abgeschnitten als in Umfragen, erinnert sich | |
Wieland heute. Das sei aber kein festgeschriebenes Gesetz. Er habe vielmehr | |
seine Partei davor warnen wollen, sich auf Umfragewerten auszuruhen. Das | |
gelte auch heute. | |
Direkte Rückschlüsse auf künftige Koalitionen in Berlin will Wieland zwar | |
aus der Hamburg-Wahl nicht ziehen. Aber Schwarz-Grün sei insgesamt | |
abgestraft worden, sagt er. "So wie es gelaufen ist, wird es vom Wähler | |
nicht goutiert." Daraus müsse seine Partei Lehren ziehen - etwa für die | |
Zeit nach der Wahl. In Hamburg hatten die Grünen versprochen, das | |
Kohlekraftwerk Moorburg zu verhindern. Nach der Wahl wurde es gebaut. In | |
Berlin sind die Grünen vehement gegen die Verlängerung der Stadtautobahn A | |
100. "Wenn man sich im Wahlkampf bei bestimmten Punkten festlegt, ist das | |
ein definitives Nein", sagt Wieland. Und wenn man sich damit bei | |
Koalitionsverhandlungen dann nicht durchsetzen könne, "muss man die | |
scheitern lassen", sagt der Bundestagabgeordnete. | |
Klarer wird der linke Flügel der Partei. Es gebe mittlerweile eine | |
unheimliche Angst vor einer Koalition mit der CDU, heißt es. Hamburg habe | |
gezeigt, dass eine numerische Mehrheit im Parlament nicht ausreiche, wenn | |
der Rückhalt in der Gesellschaft fehle. Und selbst wenn eine schwarz-grüne | |
Koalition zustande komme, habe das nur zur Folge, dass im Anschluss die SPD | |
allein regiert. | |
"Das Hamburger Wahlergebnis war eine klare Absage an Schwarz-Grün", sagt | |
der dezidiert linke Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele. "Das | |
gilt auch für Berlin." | |
So weit will die Anfang März aus dem Amt scheidende Landesvorsitzende | |
Franke-Dressler nicht gehen. Sie wertet das Hamburger Ergebnis als "Watsche | |
für die Schwarzen". Für eine mögliche Zusammenarbeit mit der CDU könne man | |
daraus aber nur lernen, dass es "an den Personen hängt". Unter Ole von | |
Beust habe die Koalition in Hamburg gut funktioniert, unter seinem | |
Nachfolger Christoph Ahlhaus nicht. | |
Auf die Frage, wem von den beiden der Berliner CDU-Spitzenkandidat Frank | |
Henkel näherkomme, geben sich die Grünen zugeknöpft. "Im Moment fehlt mir | |
die Fantasie, mir das vorzustellen", sagt Franke-Dressler. Und | |
Wahlkampfmanager Stephan sagt gar nichts zu Henkel, sondern spricht nur vom | |
"Kopf-an-Kopf-Rennen" zwischen Künast und dem Regierenden Bürgermeister | |
Klaus Wowereit. | |
Ziel bleibe die Regierungsübernahme, sagt auch Wieland, schiebt dann aber | |
nach: Wenn im September ein Ergebnis von über 20 Prozent rausspringe, sei | |
das allemal ein Erfolg. "Dann freuen wir uns, selbst wenn es nicht zu Platz | |
eins reicht." | |
21 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
Kristina Pezzei | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
SPD nach der Wahl in Hamburg: Die Suche nach der Mitte | |
Linksbündnisse sind für die SPD vorerst Vergangenheit. Das ist eine | |
Konsequenz nach dem Sieg in Hamburg. Eine andere: Die Chance von | |
ökonomischen Themen für die Partei. | |
Die Strategie der Hamburger SPD: Auf dem Scholzweg | |
Olaf Scholz siegte mit einer simplen Weisheit: It's the economy, stupid! | |
Wer das verstehen möchte, muss sich das Geflecht von SPD und Hamburger | |
Kaufleuten ansehen. | |
Politikwissenschaftler Michael Greven zum Wahlergebnis: "Die Situation genutzt" | |
Der Politikwissenschaftler Michael Th. Greven über den Triumph der SPD, den | |
Absturz der CDU, die Stagnation der GAL und die bundespolitischen Signale. | |
Der Parteienforscher Gero Neugebauer: "Künast kennt die lokalen Probleme nicht" | |
Was folgt aus der Hamburger Wahl für Berlin? Ein Gespräch mit dem | |
Parteienforscher Gero Neugebauer. | |
Grüne nach der Hamburger Wahl: Dem Himmel so fern | |
Die Rekord-Umfragewerte der Grünen erweisen sich als überzogen. Nun soll | |
ein Lagerwahlkampf Anhänger mobilisieren. Ob das zusätzliche Wähler bringt, | |
ist unklar. |