# taz.de -- Politikwissenschaftler Michael Greven zum Wahlergebnis: "Die Situat… | |
> Der Politikwissenschaftler Michael Th. Greven über den Triumph der SPD, | |
> den Absturz der CDU, die Stagnation der GAL und die bundespolitischen | |
> Signale. | |
Bild: Michael Th. Greven und Olaf Scholz (SPD) beim taz salon vor sechs Wochen. | |
taz: Herr Greven, was sind die Gründe für das triumphale Wahlergebnis der | |
SPD? | |
Michael Th. Greven: Der Hauptgrund ist sicher die desaströse Situation, in | |
die die CDU im Laufe des vergangenen Jahres geraten ist und von der sie | |
sich nicht erholen konnte. Es ist dadurch zu einem Verfall des Glaubens in | |
die Autorität der Hamburger Regierung gekommen. | |
Hat die SPD mit Olaf Scholz auch einen Eigenanteil an ihrem Erfolg | |
vorzuweisen? | |
Die entstandene Situation hat Olaf Scholz clever und professionell genutzt. | |
Er hat vor allem der verunsicherten bürgerlichen Mitte eine ordentliche, | |
sachorientierte Regierungsführung versprochen und suggeriert, dass er in | |
der Lage ist, die Autorität der Regierung wieder herzustellen. Das hat | |
unter den gegebenen Umständen gereicht, eine absolute Mehrheit zu | |
organisieren. | |
Spricht aus dem Wahlergebnis eher die Sehnsucht der Hamburger nach | |
geordneten Verhältnissen oder nach einem starken Mann, der alles richtet? | |
Das lässt sich schlecht voneinander trennen, aber der Akzent liegt auf dem | |
ersten Faktor. Olaf Scholz hat als erfahrener Politiker die Kompetenz | |
ausgestrahlt, für eine gute, seriöse Regierungsführung zu sorgen. | |
War Christoph Ahlhaus der falsche CDU-Kandidat oder war der Markenkern der | |
CDU zu wenig erkennbar? | |
Jeder CDU-Kandidat hätte es ab Mitte vergangenen Jahres schwer gehabt, aber | |
Christoph Ahlhaus war in dieser Situation auch keine gute Wahl. Als | |
Innensenator war er der konservative Flügelmann, der Garant für Sicherheit | |
und Ordnung innerhalb der liberalen schwarz-grünen Koalition. Als | |
Bürgermeister-Kandidat musste er sich dann mit offenem Hemdkragen und ohne | |
Krawatte bei der GAL anbiedern, was seiner Glaubwürdigkeit nicht gedient | |
hat. Die inhaltliche Rückwendung nach dem Aus der Koalition hat sicher | |
nicht dazu beigetragen, die verlorene Glaubwürdigkeit wieder herzustellen - | |
im Gegenteil. Man hat Ahlhaus so durch das Jahr schlingern sehen. | |
Welche Chance zur Neuausrichtung hat die Hamburger CDU? | |
Es wird jetzt sicher Personaldebatten und auch personelle Umbauten | |
innerhalb der CDU geben. Inhaltlich muss sie weiterhin versuchen, | |
großstadtorientiert-liberal zu sein, wird dabei sicher die Umweltakzente | |
zurückfahren und hat in der Schulpolitik ja bereits die Rückwende | |
vollzogen. Sie kann in Hamburg aber nicht wie die CSU im ländlichen Raum | |
oder auch nur wie die niedersächsische CDU auftreten. Das ist ihr Dilemma. | |
Die Hamburger Grünen haben nicht an den Bundestrend anknüpfen können. War | |
der Koalitionsbruch ein Fehler? | |
Die GAL kann froh sein, dass sie mit einem kleinen Zugewinn aus der Wahl | |
gekommen ist. Das Wahlergebnis zeigt aber auch, dass der Austritt aus der | |
Koalition kein Fehler war. Der Senat war mit der HSH-Nordbank und der | |
Debatte um die Schulreform bereits ins Schlittern geraten und dieser Trend | |
hat sich nach dem Abtritt von Beusts rapide beschleunigt. Das alles wurde | |
vom Wähler zwar der CDU aufs Konto geschrieben, doch das Ausscheren aus | |
einer Koalition ist immer unpopulär und setzt eine Partei dem Verdacht der | |
Fahnenflucht aus. Deshalb ist das Wahlergebnis der GAL weder überraschend | |
noch schlecht. | |
Ist Schwarz-Grün jetzt weg von der politischen Agenda? | |
Selbst Herr Ahlhaus hat am Wahlabend betont, die schwarz-grüne Option sei | |
mittelfristig nicht vom Tisch, aber schwieriger geworden. Auf der | |
Bundesebene war Schwarz-Grün bislang ohnehin keine realistische | |
Alternative. Und in den Bundesländern wird sich die CDU von den Hamburger | |
Erfahrungen nicht beeindrucken lassen und mit den Grünen koalieren, wenn | |
das ihre einzige Machtoption ist. | |
Welche Signale sendet das Hamburger Wahlergebnis am Anfang des | |
Superwahljahrs 2010 in den Bund aus? | |
Das Wahlergebnis ist der besonderen Situation in Hamburg geschuldet, mithin | |
eine Hamburgensie. Natürlich nutzen die Sieger, also SPD und FDP, die | |
Chance, den Beginn einer großen Siegesserie ihrer Partei zu verkünden, | |
während die Verlierer betonen, dass diese Wahl ein rein lokalpolitisches | |
Ereignis ist. Ich halte konkrete Auswirkungen auf die kommenden | |
Landtagswahlen aber für wenig wahrscheinlich. | |
Also ist damit auch der bundesweite Abwärtstrend der FPD nicht gestoppt? | |
Auch wenn Guido Westerwelle genau das bereits strahlend erklärt hat, gilt, | |
dass das Ergebnis den Hamburger Bedingungen geschuldet und nicht auf andere | |
Bundesländer übertragbar ist. Natürlich hat auch die FDP von der Halbierung | |
der CDU-Wählerschaft profitiert. | |
21 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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