# taz.de -- Empörung über Guttenberg: Aufstand der Ehrlichen | |
> Im Universitätsbetrieb wächst der Ärger. Die milde Behandlung von | |
> Verteidigungsminister Guttenberg schade der Wissenschaft, sagen die | |
> Akademiker. | |
Bild: So schnell kommt Guttenberg nicht davon: Jetzt empören sich die Akademik… | |
BERLIN taz | Unter Akademikern wächst der Ärger, dass Karl-Theodor zu | |
Guttenberg (CSU) sein Amt als Verteidigungsminister behalten soll. Über | |
30.000 Doktoranden, Professoren und Unterstützer empörten sich bis | |
Montagabend in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). | |
Darin heißt es: "Durch die Behandlung der Causa Guttenberg als | |
Kavaliersdelikt leiden der Wissenschaftsstandort Deutschland und die | |
Glaubwürdigkeit Deutschlands als ,Land der Ideen'." | |
Guttenberg habe in seiner Doktorarbeit bewusst und systematisch getäuscht. | |
Mit Guttenbergs Parteizugehörigkeit habe dieser Befund nichts zu tun: "Auch | |
von Politikern der Opposition würden wir den Rücktritt fordern." | |
Guttenberg hatte in seiner mit der Bestnote Summa cum laude bewerteten | |
juristischen Doktorarbeit Hunderte Passagen aus fremden Texten übernommen, | |
ohne diese als Zitate zu kennzeichnen. Guttenberg bestreitet aber, dies | |
absichtlich getan zu haben. Die Universität Bayreuth erkannte ihm in der | |
vorigen Woche den Doktortitel ab. | |
Für Merkel schien die Sache damit erledigt zu sein. Sie erklärte, sie habe | |
Guttenberg nicht als wissenschaftlichen Assistenten berufen, sondern als | |
Minister. | |
In der Wissenschaftsszene gärt es seitdem, besonders unter den rund 150.000 | |
wissenschaftlichen Mitarbeitern. "Wir sind uns einig, das ist absolut kein | |
Kavaliersdelikt", sagte Gustav Quade von der Bundesvertretung Akademischer | |
Mittelbau der taz. "Wir wünschen uns, dass die Politik diesen Betrugsfall | |
genauso wertet wie jeden anderen Fall, in dem jemand absichtlich klaut: | |
Guttenberg ist und darf kein Vorbild mehr sein." | |
Andreas Keller, Hochschulexperte der Gewerkschaft Erziehung und | |
Wissenschaft, die rund 15.000 Wissenschaftler vertritt, bezeichnete den | |
schützenden Umgang der Regierung mit Guttenberg als "einen Schlag ins | |
Gesicht aller ehrlichen Doktoranden". Die Autorität aller Lehrenden werde | |
dadurch untergraben. "Schüler und Studenten fragen sich: Warum soll ich | |
nicht schummeln, wenn selbst die Kanzlerin nichts Gravierendes daran | |
findet?", sagte Keller der taz. | |
Auch aus der Professorenschaft wird die Kritik lauter. Die Präsidentin der | |
Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel, die im Namen der über 400 | |
deutschen Universitätsrektoren spricht, sagte der taz: "Wissenschaftliches | |
Fehlverhalten ist kein Kavaliersdelikt und darf nicht als solches behandelt | |
werden." Ein so aufsehenerregender Vorgang wie der derzeit diskutierte | |
sende ein besonders nachhaltiges Signal - nicht nur an Promovenden, sondern | |
auch an Studierende, Schülerinnen und Schüler. Hier müsse "auch die Politik | |
deutlich sein". | |
Ernst Schmachtenberg, Rektor der RWTH Aachen und Sprecher von neun | |
führenden technischen Universitäten, die sich im Kreis "TU9" | |
zusammengeschlossen haben, meinte zur taz, es sei unstrittig, dass | |
Guttenberg die Regeln gebrochen habe. Er begrüße aber die Diskussion. "Sie | |
zeigt, dass Wahrheit ein hohes Gut in der Wissenschaft ist." | |
28 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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