# taz.de -- Reaktionen nach dem Guttenberg-Rücktritt: Applaus zum Finale | |
> Die Opposition spricht nach Guttenbergs Rücktritt von einer "blamierten" | |
> Kanzlerin. Die Wissenschaft bangt um ihren Ruf. Und gestritten wird um | |
> Inhaltliches. | |
Bild: Nach Guttenbergs Rücktritt wird auch seine inhaltliche Arbeit angegriffe… | |
BERLIN taz | Der Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu | |
Guttenberg (CSU) hat für Aufruhr in Berlin gesorgt. Politiker der | |
Opposition bezeichneten den Rückzug als überfällig und unausweichlich. Für | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedeute er eine Blamage. | |
Wissenschaftsvertreter betonten, dass trotz des Rücktritts Forschung und | |
Wissenschaft in Deutschland durch die Plagiatsaffäre beschädigt worden | |
seien. | |
Die Linken-Parteivorsitzende Gesine Lötzsch nannte den Rückzug "die einzige | |
richtige Entscheidung". Es hätte viele Bürgerinnen und Bürger irritiert, | |
"wenn für unterschiedliche Politiker unterschiedliche Maßstäbe gegolten | |
hätten", sagte Lötzsch der taz. Nachdem es in den vergangenen Tage auch aus | |
den eigenen Reihen immer mehr kritische Stimmen gegeben hätte, sei "der | |
Druck einfach zu groß geworden", so Lötzsch. | |
Die SPD sieht vor allem die Kanzlerin beschädigt. "Sie hat sich kräftig | |
blamiert, ihre Glaubwürdigkeit ist beschädigt, sie hat dem Ruf der Politik | |
Schaden zugefügt," sagte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Auch | |
Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier kritisierte in der Stuttgarter | |
Zeitung Merkels Krisenmanagement: "Die Kanzlerin hat sich hinter ihn | |
gestellt, als seien das Kleinigkeiten, die Herrn Guttenberg vorgeworfen | |
wurden." Tatsächlich bedeute die Affäre aber eine "Demütigung der gesamten | |
Wissenschaftslandschaft in Deutschland". Merkel habe "ihre Glaubwürdigkeit | |
selbst dem Machtpoker geopfert". | |
Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, bescheinigte | |
Merkel gegenüber der taz "Regierungsunfähigkeit". Dies habe sie "durch ihre | |
zögerliche Unentschiedenheit einmal mehr unter Beweis gestellt". | |
Guttenbergs Rückzug sei ein "richtiger und zugleich überfälliger Schritt". | |
Dennoch habe "nicht nur Guttenberg, sondern vor allem der Ruf der | |
Wissenschaft und die Glaubwürdigkeit der Politik" Schaden genommen. "Diesen | |
Scherbenhaufen müssen nun Wissenschaft und Politik aufräumen", so Beck. Er | |
hoffe zudem, "dass Konservative künftig von der Hybris lassen, Politiker | |
als Vorbilder und bessere Menschen hinzustellen". Es reiche aus, "wenn sie | |
ihren Job anständig machen und keine besondere Behandlung beanspruchen". | |
"Dann hätte die Affäre wenigstens etwas Gutes gehabt", sagte Beck. | |
## Kein Lausbubenstreich | |
Vertreter von Hochschulen und Wissenschaft kritisierten den Zeitpunkt von | |
Guttenbergs Rücktritt. "Durch die lange hinausgezögerte Entscheidung ist | |
viel Schaden entstanden", sagte Ulrich Thöne, Vorsitzender der Gewerkschaft | |
Erziehung und Wissenschaft. "Eine von Plagiaten durchzogene Doktorarbeit | |
ist kein Lausbubenstreich, sondern ein schwerwiegender Verstoß gegen die | |
Regeln wissenschaftlicher Arbeit." Wer dies bagatellisiere, "zeige damit | |
auch seine Missachtung gegenüber Wissenschaft und Forschung", erklärte | |
Thöne. | |
Auch Bernhard Kempen, Präsident des Deutschen Hochschulverbands, verwies | |
gegenüber der taz auf den Schaden, "der durch die zeitweilige empörende | |
Verharmlosung von Plagiaten seitens der Politik entstanden" sei. | |
"Politische, wissenschaftliche und persönliche Glaubwürdigkeit sind nicht | |
voneinander zu trennen", sagte Kempen. | |
Guttenbergs Prestigeprojekt einer umfassenden Bundeswehrreform sollte nach | |
Meinung des SPD-Verteidigungsexperten Rainer Arnold nun überdacht werden. | |
"Für die geplante neue Struktur der Bundeswehr ist der Rücktritt des | |
Ministers eine Chance, Fehler zurückzunehmen und die Reform wieder vom Kopf | |
auf die Füße zu stellen", so Arnold. Die Bundeswehr verdiene einen "starken | |
und durchsetzungsfähigen Minister". | |
Bundeswehrverbände forderten eine konsequente Fortsetzung der | |
Bundeswehrreform. "Wir dürfen jetzt nicht in alte Strukturen verfallen, nur | |
weil es einen personellen Wechsel in der Führung gibt", erklärte Gerd Höfer | |
vom Reservistenverband. | |
1 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
N. Wirminghaus | |
P. Wrusch | |
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