# taz.de -- Ministerwechsel nach Guttenbergs Rücktritt: Friedrich wird neuer I… | |
> Rochade im Kabinett: Innenminister de Maizière von der CDU übernimmt das | |
> Verteidigungsressort. CSU-Landesgruppenchef Friedrich wird neuer | |
> Innenminister. | |
Bild: Vom Landesgruppenchef zum Innenminister: Hans-Peter Friedrich (CSU). | |
BERLIN dpa | Bundeskanzlerin Angela Merkel geht mit einer neuen | |
Mannschaftsaufstellung in die kommenden wichtigen Wahlkämpfe. Nach dem | |
Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg tauschen CDU und CSU die | |
Schlüsselressorts Innen und Verteidigung. Nachfolger von Guttenberg (CSU) | |
als Verteidigungsminister wird Innenminister Thomas de Maizière (CDU). | |
CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich übernimmt das Amt des | |
Innenministers. | |
Merkel sagte, die Minister würden an diesem Donnerstag ernannt. An | |
Guttenbergs Konzept für die Bundeswehrreform hält die Kanzlerin trotz der | |
Finanz- und Personalprobleme fest. Guttenberg war am Dienstag über die | |
Plagiats-Affäre um seine Doktorarbeit gestürzt. | |
Merkel sagte, sie schätze den brillanten Intellekt de Maizières und dessen | |
vorbildliches Pflicht- und Verantwortungsgefühl. Er betreibe Politik auf | |
Grundlage fester Werte und sehe immer die Sorgen und Anliegen der Menschen. | |
"Thomas de Maizière wird es gelingen, das Vertrauen der Soldatinnen und | |
Soldaten schnell zu gewinnen und vor allen Dingen die von Karl-Theodor zu | |
Guttenberg eingeleitete Bundeswehrreform entschlossen fortzusetzen und | |
umzusetzen." | |
Friedrich schätze sie schon lange als Ratgeber in allen innen- und | |
rechtspolitischen Fragen, sagte die CDU-Chefin. Mit größerem Streit | |
zwischen ihm und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) | |
rechnet sie nicht. Sie halte Friedrich "sehr für geeignet, auch denkbare | |
Streitfragen oder Unterschiede mit dem Justizministerium oder in der | |
gesamten Bundesregierung auch ausgleichend zu klären". Er versuche immer, | |
Kompromisse zu finden, könne aber zugleich seinen Standpunkt klar machen. | |
Für die gesamte Bundesregierung sei die neue Aufgabenverteilung sehr | |
erfolgversprechend. | |
CSU-Chef Horst Seehofer sagte in München, die nötigen Entscheidungen seien | |
in Verhandlungen fast rund um die Uhr getroffen worden. Er plädierte dafür, | |
dass Guttenberg der bayerischen und deutschen Politik erhalten bleibe. "Er | |
gehört zu uns, er ist einer von uns. (...) Wir brauchen ihn auch." Zugleich | |
bestätigte Seehofer, dass Guttenberg alle politischen Ämter niederlegt - | |
also auch sein Bundestagsmandat. | |
"Zunächst sollte sich der Karl-Theodor mit seiner Familie ein Stück Rückzug | |
und Erholung gönnen", sagte Seehofer. Über die Nachfolge von Friedrich als | |
Landesgruppenchef ist nach Angaben von Seehofer noch nicht entschieden. Als | |
Favoriten gelten laut "Kölner Express" (Donnerstag) der Parlamentarische | |
Geschäftsführer der CSU-Bundestagsabgeordneten Stefan Müller und | |
Generalsekretär Alexander Dobrindt. | |
Mit der Übernahme des Innenministeriums durch die CSU gilt die | |
kabinettsinterne Machtbalance als gewahrt. Der Wechsel der Ressorts dürfte | |
der CSU angesichts der Bundeswehrreform mit absehbar zahlreichen | |
Standortschließungen nicht ungelegen kommen. Vor allem in Bayern gibt es | |
viele Bundeswehrkasernen. Und für die CSU ist die Innen- und | |
Sicherheitspolitik seit jeher ein Kernthema. | |
Merkel sieht die Bundeswehrreform durch den Ministerwechsel nicht | |
gefährdet. Das von Guttenberg erarbeitete Konzept werde umgesetzt. Zwar | |
müsse die mittelfristige Finanzplanung erfüllt werden, "aber in welcher | |
Form und wie das genau gemacht wird, das ist jetzt den Finanzverhandlungen | |
mit dem Finanzminister vorbehalten". | |
Guttenberg sollte ursprünglich in seinem Etat 8,3 Milliarden Euro bis 2014 | |
sparen. Nach seinen Protesten hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble | |
(CDU) die Frist bis zum Jahr 2015 verlängert. Dieser Schritt ist in der | |
Koalition umstritten. | |
Die Rochade zwischen Innen- und Verteidigungsressort hatte Merkel nach | |
dpa-Informationen selbst ins Gespräch gebracht. Offensichtlich wollte sie | |
für die mühevolle Umsetzung der Bundeswehrreform ihren Vertrauten de | |
Maizière platzieren. Merkel sagte, die Besetzung sei kollegial und | |
kameradschaftlich mit der CSU vereinbart worden. Seehofer bedankte sich bei | |
Merkel, dass sie den Ministeriumswechsel in einer schwierigen Lage möglich | |
gemacht habe. | |
Friedrich hatte sich zunächst gegen den Ministerposten gesperrt. Er | |
fürchtete, Einfluss zu verlieren. Friedrich ließ sich aber überzeugen, | |
nachdem die von der CSU für einen Wechsel nach Berlin ins Gespräch | |
gebrachten bayerischen Landesminister Joachim Herrmann (Innen) und Georg | |
Fahrenschon (Finanzen) aus familiären Gründen abgesagt hatten. | |
De Maizière wird von allen Seiten zugetraut, die schwierige | |
Bundeswehrreform umsetzen zu können. Im Kanzleramt galt er als | |
Strippenzieher im Hintergrund. Auch Afghanistan hat er besucht, weil dort | |
deutsche Polizisten im Ausbildungseinsatz sind. Der künftige | |
Verteidigungsminister kommt aus einer Familie mit Erfahrung in der | |
Bundeswehr: Sein Vater Ulrich war von 1966 bis 1972 Generalinspekteur. | |
Der 53 Jahre alte Friedrich ist Jurist. Er kommt wie Guttenberg aus | |
Franken. So dürfte die in der CSU wichtige regionale Ausgewogenheit bei der | |
Verteilung von Spitzenposten gewahrt sein. Friedrich ist seit Oktober 2009 | |
Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Die CSU hatte schon unter | |
CDU-Kanzler Helmut Kohl in den Jahren 1982 bis 1989 mit Friedrich | |
Zimmermann den Innenminister gestellt. | |
Mit dem Ausscheiden des Guttenbergs aus dem Bundestag verliert Schwarz-Gelb | |
eine Stimme im Parlament. An den klaren Mehrheitsverhältnissen wird dies | |
aber nichts ändern. | |
2 Mar 2011 | |
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