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# taz.de -- Winterspiele 2018: Bei Olympia unkritisch
> München will die Olympischen Spiele 2018 austragen. Von den Medien ist
> daran keine Kritik zu erwarten. Die Gegner der Bewerbung finden kaum
> Gehör.
Bild: Die Olympiagegner bleiben ungehört. Die Medien äußern sich kaum kritis…
MÜNCHEN taz | Die Olympiaringe als Smileys, dazu die Zeile "Lächeln für
Olympia": So erschien die Abendzeitung am Wochenende in München. Wer 80
Cent investierte, bekam für sein Geld ein 48-seitiges Olympia-Special mit
dem Titel "Münchner Wintermärchen". Geradezu märchenhaft lesen sich die
Seiten.
Beispiel gefällig? Seit 20 Jahren schwärmt AZ-Chefredakteur Arno Makowsky
für Katarina Witt. Das liest sich dann so: "Und dass sie ihren Namen
Katarina ohne h schrieb, fand ich geradezu sexy." Ach ja, dieser
halbseitige Beitrag trägt den Titel "Eine Leidenschaft fürs Leben".
Woher rührt diese Leidenschaft des AZ-Chefredakteurs? Vermutlich spielen
persönliche Befindlichkeiten durchaus eine Rolle. Es könnte aber auch ein
Tag im November 2009 eine Rolle spielen. An ebenjenem Tag fand ein Treffen
zwischen Medienvertretern und Olympiaplanern auf der Zugspitze statt. Mit
dabei waren die fünf Chefredakteure der Münchner Tageszeitungen, auch der
damalige Chef der Süddeutschen Zeitung, Hans Werner Kilz, war anwesend.
Ein Insider erzählt von einem gewissen Druck, der ausgeübt wurde, von der
Bitte, möglichst genehm über die Olympiabewerbung zu berichten. Natürlich
hat sich die Bitte nicht ganz erfüllt. Die Süddeutsche Zeitung etwa
berichtet mitunter auch mal kritisch über die Olympiabewerbung.
Trotzdem ist interessant, dass der Süddeutsche Verlag als Nationaler
Ausstatter der Münchner Olympiabewerbung fungiert. Ein unlauteres
Verhalten? Der Verlag äußert sich auf taz-Anfrage wie folgt: "Ausdrücklich
möchten wir Sie darauf hinweisen, dass wir keine "Medienpartnerschaft" mit
der Bewerbungsgesellschaft eingegangen sind. Dieser Begriff suggeriert für
gewöhnlich, dass es neben werblichen Kooperationen womöglich auch
inhaltliche, also auch journalistische Absprachen gibt.
Und ebendiese gibt es in einem Haus wie dem unseren nicht." Doch die
Olympiabewerbungsgesellschaft freut natürlich die angesprochene werbliche
Kooperation. "Normalerweise kostet Werbung viel Geld", sagt Pressesprecher
Jochen Färber der taz. "Wir freuen uns, dass viele Medienhäuser sich pro
Olympia positioniert haben."
Neben dem Süddeutschen Verlag verschenkt auch mal die Bild München eine
Anzeige, Stichwort Pro Bono. Offizielle Unterstützer der Bewerbung sind zum
Beispiel die ProSiebenSat.1-Gruppe, das ZDF, der Bezahlsender Sky, Bayern1
und Bayern3. Relativ neu mit von der Partie ist die Sport 1 GmbH: Der
Sender Sport 1 hat sich verpflichtet, Olympiaspots zu schalten und die
Bewerbung redaktionell zu begleiten.
Mit im Boot ist auch die Gruner+Jahr-Verlagsgruppe Frauen/Familie/People
mit den Publikationen Gala, Brigitte, Eltern und P.M. "Wir wollen
mithelfen, die Olympischen Winterspiele 2018 nach München zu holen", sagt
Verlagsgeschäftsführer Volker Breid der taz. Journalistische
Qualitätskriterien seien nicht in Gefahr. "Wir unterstützen lediglich mit
Werbeplätzen in unseren hochwertigen und reichweitenstarken Print- und
Onlineprodukten und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Präsenzerhöhung
der Olympia-Kampagne."
Die Olympiabewerbungsgesellschaft sagt, sie spüre bei vielen Unternehmen im
Medienbereich, dass diese die Spiele nach München holen möchten. "Das
entspricht lediglich einer Positionierung privatwirtschaftlicher
Unternehmen im Werbebereich", sagt Pressesprecher Färber.
## Der Wohlfühlfaktor für die Pressevertreter
Aktuell werden die rund 150 Journalisten, die wegen des Besuchs der
IOC-Evaluierungskommission nach München gekommen sind, bestens von der
Bewerbungsgesellschaft betreut. Im Pressezentrum mangelt es an nichts, das
Rahmenprogramm mit diversen Abendveranstaltungen erhöht den Wohlfühlfaktor.
Außerdem hat sich die Stadt aufgehübscht: Dutzende Olympiafahnen wehen, ein
Medienunternehmen hat Plakatflächen und Infoscreens in den U-Bahnen zur
Verfügung gestellt. Abgerundet wird das Bild durch riesige Werbebanner an
Plätzen und Gebäuden in der Innenstadt. Verantwortlich dafür zeichnen 30
Unternehmen aus der Immobilienbranche, die als Nationaler Ausstatter die
Bewerbung unterstützen.
Von solchen Bedingungen können die Olympiagegner nur träumen. Groß
angelegte Pressekonferenzen oder gar Anzeigen kommen nicht infrage - das
Netzwerk "Nolympia" verfolgt eine Taktik der kleinen Nadelstiche, die
größtenteils auf ehrenamtlicher Arbeit beruht. Dabei nutzen die Gegner vor
allem das Internet: Auf der Seite [1][nolympia.de] haben sie ihre Argumente
aufgelistet und eine Chronologie der vergangenen Jahre erstellt.
"Momentan erleben wir wieder, dass die allermeisten Medien Olympia als
Jubelnummer verkaufen", berichtet Wolfgang Zängl, der die Chronologie
laufend aktualisiert. "Mit Journalismus hat das oft nicht mehr viel zu
tun." Ob Zängl dabei an die Abendzeitung denkt?
In der zitierten Ausgabe vom Wochenende schrieb der stellvertretende
Chefredakteur auf Seite 3 über den Besuch der IOC-Kommission. "Und Ihr
Lächeln entscheidet mit!" Gut gelaunte Leser, also Münchner Bürger, sollen
den Wohlfühlfaktor für die IOC-Evaluierungskommission noch mal erhöhen.
Kaum vorstellbar, dass südkoreanische Medien noch positiver über die
Bewerbung von Pyeongchang berichten.
2 Mar 2011
## LINKS
[1] http://www.nolympia.de/
## AUTOREN
Sebastian Kemnitzer
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