Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wirbel um Aufkleber auf Polizeiautos: Staatsaufgabe Olympia
> Trotz Protesten aus den Reihen der Polizei: 1.400 ihrer Fahrzeuge
> erhalten Pro-Olympia-Aufkleber. Münchens Bewerbung sei "von hohem
> staatlichen Interesse", so der Innenminister.
Bild: Da lacht er: Der Herrscher über die bayerische Polizei, Innenminister Jo…
MÜNCHEN taz | Die Antworten des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann
auf eine schriftliche Anfrage von zwei grünen Landtagsabgeordneten fielen
kurz, deutlich und – wie gewohnt – ein bisschen arrogant aus. Der
Sachverhalt: "Pro-Olympia-Aufkleber" in Form eines Heißluftballons auf
knapp 1.400 Polizeiautos.
Obwohl die Polizeigewerkschaften gegen Herrmanns Entscheidung lautstark
protestiert haben, ist sich dieser keiner Fehler bewusst. "Eine
erfolgreiche Bewerbung ist von hohem staatlichen Interesse, weil u.a.
wichtige Impulse und Chancen für Wachstum und Beschäftigung zu erwarten
sind.
Deshalb unterstütze ich als Mitglied der Staatsregierung mit den Aufklebern
"Olympia 2018" die Bewerbung ausdrücklich", sagt Herrmann in seinem
Antwortschreiben, das der taz vorliegt.
In den vergangenen 15 Jahren gab es genau drei Mal Aufkleber auf
bayerischen Polizeiautos: einmal gegen Alkohol und Drogen, einmal für eine
Beratungshomepage der Polizei und nun eben die Aufkleber für die Münchner
Olympiabewerbung. Eine nachvollziehbare Begründung für die Olympia-Papperl
liefert Herrmann in seinem Schreiben nicht; allerdings gebe es bei diesen
Einzelfallentscheidungen eine eingehende Prüfung.
## Neutralitätsanspruch der Polizei
Eine Watschn für den Neutralitätsanspruch der Polizei. Die
Polizeigewerkschaften dürften Herrmanns Schreiben als Affront empfinden.
Auf die Frage, ob es innerhalb der letzten 15 Jahre schon einmal Protest
seitens der Polizei gegen solche Werbeaufkleber gegeben habe, antwortet der
Minister: "Weder von Seiten der Polizeibeschäftigten noch von
Berufsvertretungen gab es bisher Kritik an der Anbringung von Image- und
Werbeaussagen auf bayerischen Polizeifahrzeugen."
Ist da jemand ein wenig vergesslich? Zur Erinnerung: Mehrere
Polizeigewerkschaften haben gegen die Olympia-Papperl rebelliert, mit
internen Flugblättern, aber auch öffentlich. "Wir sind gegen jede
kommerzielle Werbung auf unseren Flugblättern", sagte Jürgen Ascherl, Chef
der Deutschen Polizeigewerkschaft in München (DPolG) Anfang März in der
taz. Innenminister Herrmann polterte damals sofort: "Die DPolG hat
offensichtlich die Bedeutung dieser Olympischen Spiele für Deutschland und
Bayern nicht erkannt."
## Grüne wollen mit Polizeigewerkschaft sprechen
Nun soll es also die Kritik der Gewerkschaften nie gegeben haben. "Das
Verhalten des Innenministers ist absolut befremdlich", kritisiert der grüne
Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann. "Anscheinend hat Herrmann immer noch
nicht verstanden, dass er mit seiner Aktion das Neutralitätsgebot seiner
Polizei aufgehoben hat", sagt Olympiagegner Hartmann. Die Grünen im Landtag
wollen noch einmal mit den Polizeigewerkschaften sprechen, den Fall nicht
auf sich beruhen lassen.
Ähnlich kritisch wie den Innenminister sieht Hartmann auch das Verhalten
von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), was die
Olympiabewerbung angeht. "Der Ude sitzt in etlichen Aufsichtsräten und hat
dafür gesorgt, dass halbstaatliche Unternehmen viel Geld für die
Bewerbungsgesellschaft zur Verfügung stellen", sagt Hartmann. Allein der
Flughafen München, die Messe München und die Stadtsparkasse München haben
mehr als 6 Millionen Euro für die Bewerbung bereitgestellt – bei allen
Firmen hat Ude sich engagiert.
Deutlich weniger engagiert sich Ude mittlerweile in Garmisch-Partenkirchen.
Seine markigen Sprüche über die Olympiagegner und ihr Bürgerbegehren, aber
auch über mögliche Enteignungen, haben der Pro-Seite eher geschadet. Vor
dem Bürgerentscheid am 8. Mai tobt im Ort eine Materialschlacht mit
Werbeartikeln. Pro-Aufkleber prangen sogar auf ganz normalen Autos – das
dürfte dem olympiatreuen bayerischen Innenminister Joachim Herrmann
gefallen.
26 Apr 2011
## AUTOREN
S. Kemnitzer
## ARTIKEL ZUM THEMA
Olympia 2018: Festmahl, bezahlt aus leeren Kassen
Der deutschen Olympia-Bewerbung fehlt immer noch Geld. Und gleichzeitig
wird Geld für Boni verschwendet. Das Etatloch müssen am Ende wohl die
Steuerzahler stopfen.
Olympia-Präsentation vor dem IOC: Miese Maße in München
Die Olympia-Bewerberstädte präsentieren sich nun dem IOC. Annecy hat keine
Chance mehr, Münchens andere Konkurrenzstadt Pyeongchang umso mehr.
Bürgerentscheid in Garmisch-Partenkirchen: Olympia-Fans setzen sich knapp durch
Die Bürger in Garmisch-Partenkirchen wollen, dass die Münchner
Olympiabewerbung weitergeht. Das Ergebnis ist trotzdem ein Desaster für die
Bewerbungsgesellschaft.
Olympische Winterspiele 2018: Garnix-Partenkirchen?
Eigentlich bewirbt sich München. Doch alle Schneewettkämpfe sollen in
Garmisch-Partenkirchen stattfinden. Da fühlten sich viel übergangen – jetzt
wird abgestimmt.
Winterspiele 2018: Bei Olympia unkritisch
München will die Olympischen Spiele 2018 austragen. Von den Medien ist
daran keine Kritik zu erwarten. Die Gegner der Bewerbung finden kaum Gehör.
Garmischer Initiative gegen Olympia 2018: Garantierte Zumutungen
In Garmisch-Partenkirchen ist es mit dem Bürgerbegehren gegen die
Winterspiele losgegangen. Ansatzpunkt ist eine Überprüfung der Zulässigkeit
der olympischen Knebelverträge.
Bürgerbegehren in Garmisch-Partenkirchen: Die WM ist vorbei, der Frieden auch
Die Olympia-Gegner in Garmisch-Partenkirchen starten ein Bürgerbegehren
gegen die Spiele 2018. Man wollte mit der Bekanntgabe bis nach der WM
warten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.