# taz.de -- Münchens Olympia-Kandidatur: Fotos erlaubt, Fragen unerwünscht | |
> Die Münchner Bewerber für die Winterspiele 2018 loben sich nach ihrer | |
> Präsentation vor den IOC-Prüfern weiter selbst. Unabhängige Beobachter | |
> sehen das ganz anders. | |
Bild: Auch der neue Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) rührt kräf… | |
MÜNCHEN taz | Natürlich lief alles bestens. München hat sich super | |
verkauft. Kati Witt strahlte, auch auf der Abschlusspressekonferenz. Egal, | |
wer gefragt wurde, ob IOC-Vize Thomas Bach, Bayerns Ministerpräsident Horst | |
Seehofer, Münchens Oberbürgermeister Christian Ude oder der Neue, | |
Innenminister Hans-Peter Friedrich, alle zeigten sich natürlich | |
hochzufrieden. Kanzlerin Merkel sprach sogar von einem möglichen | |
Wintermärchen. Und Kati Witt strahlte immer weiter. Wer etwas anderes | |
erwartet hatte, der kennt das olympische Geschäft nicht. | |
Am besten lassen sich die Bewerbungsbemühungen der vergangenen | |
Evaluierungswoche für die Winterspiele 2018 mit dem Balzverhalten | |
vergleichen - Schwäche zeigen ziert sich nicht; vor allem, wenn die | |
internationale Sportpresse anwesend ist. | |
Egal, ob aus dem Ausland, aus Berlin oder direkt aus München, die rund 150 | |
Journalisten hatten eine Gemeinsamkeit: Wirklich viel Spannendes konnten | |
sie nicht berichten. Zwar fanden jeden Tag Presse-Briefings statt, aber | |
ergiebig waren die nicht, mit Ausnahme natürlich von zig | |
Daumen-hoch-Statements. | |
Ansonsten waren die 11-köpfige IOC-Kommission und die Journalisten | |
voneinander abgeschottet - bis auf die Abschlusspressekonferenz trafen | |
beide Seiten lediglich bei "Photo Opportunities" aufeinander, wobei | |
Volunteers mit Akribie dafür sorgten, dass keine Fragen gestellt werden. | |
Aber fotografieren und filmen war natürlich erlaubt - für wenige Minuten. | |
Die Olympiaplaner wussten selbstverständlich auch, dass strahlende Kinder | |
auf Fotos gut aussehen. | |
Deswegen waren am Donnerstag pünktlich um 15.53 Uhr rund 50 Kinder im | |
Grundschulalter im Münchner Olympiastadion; wie von Zauberhand eingemummelt | |
in weißen Olympiamützen und bepackt mit selbstgemalten Pro-Olympia-Bildern. | |
Zusätzlich sorgte ein gut gelaunter Uli Hoeneß mit charmantem Englisch für | |
Stimmung - ein gelungener Termin, Daumen hoch. | |
Zuvor lief nicht alles so rund. Die meisten der Journalisten waren doch | |
etwas irritiert gewesen, warum sie eine halbe Stunde durch die "BMW-Welt" | |
geführt wurden. Die Erklärung dafür lieferte der Guide, ein BMW-Manager, | |
selbst: Der Autokonzern unterstützt die Münchner Bewerbung mit 5 Millionen | |
Euro. Bei anderen Terminen an diesem Tag blieb dafür nicht so viel Zeit. | |
Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, immerhin Deutschlands bestes | |
Eiskunstlaufpaar, wurden gefühlte zwei Minuten in der Olympiahalle | |
präsentiert. Wirklich begeistert waren die beiden Sportler auch nicht. Der | |
Grund: Ein Olympiaplaner scheiterte daran, ihre Namen richtig | |
auszusprechen. Er entschuldigte sich: "I cant pronounce it, the names are | |
so complicated." | |
Vielleicht gehören kleine Schwächen bei der Präsentation auch zum | |
olympischen Geschäft dazu. Viele ausländische Journalisten, die auch bei | |
der Evaluierungswoche in Annecy (Frankreich) und Pyeongchang (Südkorea) | |
dabei waren, bewerteten die Münchner Bewerbung positiv: Spiele in | |
Deutschland wären sicher "perfectly organised", außerdem sei der Gedanke | |
reizvoll, die bestehenden Sportstätten zu nutzen. Und München als Stadt | |
versprühe einen großen Charme. | |
Doch trotz des Lobes glauben die meisten der ausländischen Journalisten | |
nicht, dass München den Zuschlag für die Spiele 2018 erhält; sie schätzen | |
die Bewerbung von Pyeongchang einfach stärker ein. Pyeongchang bewirbt sich | |
zum dritten Mal hintereinander. "They keep their promises", hätten alle | |
Wünsche des IOC erfüllt, sagt der Londoner Sportjournalist Keir Radnedge. | |
Sein Kollege Duncan Mackay ergänzt, dass Pyeonchang im Gegensatz zu München | |
für kurze Wege steht. "Its really compact", sagt er beeindruckt. Außerdem | |
sei Asien ein wachsender Markt mit Menschen, die sich für Olympia | |
begeistern. | |
Solche Menschen sind in Bayern nicht wirklich zu finden. Glühende | |
Befürworter und Gegner halten sich in etwa die Waage, rund 100 Menschen | |
demonstrierten auf beiden Seiten in der Evaluierungswoche für ihr Anliegen. | |
Außerdem gibt es mittlerweile zwei Bürgerbegehren, eines für und eines | |
gegen die Spiele. Vermutlich haben die Gegner mehr gepunktet: Am Dienstag | |
saßen sechs von ihnen einer Abordnung der IOC-Kommission gegenüber. | |
In dreißig Minuten trugen sie dabei auf Englisch abwechselnd ihre Argumente | |
vor. "Die vier Kommissionsmitglieder haben interessiert zugehört, als wir | |
über die Grundstücksproblematik in Garmisch-Partenkirchen und das | |
Bürgerbegehren gesprochen haben", berichtet der grüne Landtagsabgeordnete | |
Ludwig Hartmann. "Wirklich hellhörig sind sie aber geworden, als wir ihnen | |
erzählt haben, dass viele junge Menschen in Bayern Olympia sehr kritisch | |
sehen." | |
Die Zahlen geben Hartmann Recht. Bei einer Umfrage des Bayerischen | |
Rundfunks im Januar sprach sich eine knappe Mehrheit der 18- bis | |
24-Jährigen gegen Olympia 2018 in München aus. Das sieht das IOC gar nicht | |
gern: Schließlich soll mit den Spielen auch die nächsten Jahrzehnte Geld | |
verdient werden. | |
4 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Kemnitzer | |
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