# taz.de -- Guttenberg wird Privatmensch: Bundestag ohne Baron | |
> Guttenberg ist vom Bundespräsidenten als Verteidigungsminister entlassen | |
> worden und wird nun auch kein Abgeordneter mehr sein. Derweil wettert | |
> Seehofer weiter gegen Kritiker. | |
Bild: Beim Bundespräsidenten im Schloss Bellevue: Der neue Verteidigungsminist… | |
BERLIN/MÜNCHEN dapd/afp/taz | Der aus dem Amt geschiedene | |
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat nun auch sein | |
Bundestagsmandat niedergelegt. Das Schreiben sei mit Datum vom Donnerstag | |
eingegangen, bestätigte ein Bundestagssprecher auf Anfrage. Guttenberg | |
hatte mit seinem Rücktritt die Konsequenzen aus der Plagiatsaffäre um seine | |
Doktorarbeit gezogen. Am Donnerstagvormittag erhielt er seine | |
Entlassungsurkunde aus den Händen von Bundespräsident Christian Wulff im | |
Berliner Schloss Bellevue. | |
Zugleich führte Wulff die beiden neuen Minister für Verteidigung und | |
Inneres, Thomas de Maizière (CDU) und Hans-Peter Friedrich (CSU), offiziell | |
in ihre Ämter ein. Sie erhielten ihre Ernennungsurkunden. | |
Wulff sagte, er danke Guttenberg für seinen "überaus engagierten Einsatz". | |
Nunmehr sei sein Nachfolger de Maizière Befehlshaber der Streitkräfte und | |
müsse Fürsorge für die Soldaten der Bundeswehr tragen, insbesondere denen | |
im Auslandseinsatz. Er verwies zudem auf die anstehende Umsetzung der | |
Bundeswehrreform. | |
Zu den Aufgaben des neuen Innenministers Friedrich gehörten die innere | |
Sicherheit, der Zusammenhalt der Gesellschaft, Sport, sowie Integration und | |
Zuwanderung, sagte Wulff. Der 53-jährige Friedrich war bisher | |
CSU-Landesgruppenchef im Bundestag. | |
## Seehofer sauer auf Schavan und Lammert | |
Nach der Regelung der Nachfolge Guttenbergs (CSU) geraten verstärkt dessen | |
Kritiker aus der CDU ins Visier von Spitzenpolitikern der Union. Der | |
CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sagte der Bild-Zeitung, das Verhalten von | |
Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundesbildungsministerin Annette | |
Schavan (beide CDU) sei "nicht solidarisch" gewesen. Er mahnte: "Zum | |
Selbstverständnis der Union sollte gehören, dass man den eigenen Leuten | |
beisteht, ihnen nicht öffentlich in den Rücken fällt." | |
Schavan hatte vor dem Rücktritt Guttenbergs in einem Interview gesagt, dass | |
sie sich als Wissenschaftlerin, die vor 30 Jahren selbst promoviert habe, | |
"nicht nur heimlich schäme" für das, was passiert sei. Lammert soll betont | |
haben, die Affäre um Guttenbergs in Teilen abgeschriebene Doktorarbeit und | |
ihre Begleitumstände seien "ein Sargnagel für das Vertrauen in unsere | |
Demokratie". | |
Seehofer kritisierte, die Äußerungen von Schavan und Lammert seien "nicht | |
in Ordnung" gewesen. Er fügte hinzu: "Als ich Anfang der Woche davon hörte, | |
war mein Blutdruck deutlich gestiegen. Darüber wird noch zu reden sein - | |
ich habe mir das auf Wiedervorlage gelegt." | |
Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), | |
sagte zu den Äußerungen von Schavan und Lammert: "Wenn die beiden | |
Wortmeldungen nicht gekommen wären, hätte ich sie nicht vermisst." Der | |
CDU-Politiker fügte am späten Mittwochabend in der ARD-Sendung "Hart aber | |
fair" hinzu: "All das hätte man auch sagen können zu dem Zeitpunkt, als die | |
Fraktion Karl-Theodor zu Guttenberg lautstark und ohne Einschränkung | |
applaudiert hat." | |
Er möge es "einfach nicht, wenn man in einer Fraktionssitzung, wenn der | |
Kollege gegenüber sitzt, frenetisch applaudiert" und anschließend gegenüber | |
Journalisten Kritik an ihm äußere. Bosbach mahnte: "Man sollte den Kollegen | |
ehrlich gegenüber treten und seine Meinung sagen." Außerdem sollte man | |
gerade dann zusammenstehen, "wenn ein Kollege in Bedrängnis ist". | |
## Die CSU hätte gern ein Guttenberg-Comeback | |
Die CSU-Parteispitze will eine Rückkehr ihres gefallenen Stars nicht | |
ausschließen. "Ich hätte ihn gerne behalten", sagte Ministerpräsident Horst | |
Seehofer am Mittwoch im Bayerischen Landtag. "Er gehört zu uns. Er ist | |
einer von uns", sagt Seehofer und fährt fort: "Wir brauchen ihn auch." Der | |
CSU-Chef wünscht, dass Guttenberg "uns erhalten bleibt. Wir werden zu | |
gegebener Zeit reden, wie dies möglich ist."Die CSU benötige eine | |
charismatische Figur wie Guttenberg, meinte Fraktionschef Georg Schmid. | |
Zahlreiche Parteifreunde hatten offenbar noch versucht, den Exminister zum | |
Behalten seines Sitzes im Bundestag zu bewegen, denn ohne Guttenbergs | |
Direktmandat verliert die CSU einen ihrer 45 Sitze, weil sie bei der | |
Bundestagswahl 2009 drei Überhangmandate errungen hatte. Geht ein | |
Direktmandat verloren, kann es nicht neu besetzt werden. | |
In München versuchte die CSU-Spitze um Horst Seehofer die | |
Kabinettsumbildung in Berlin als Zeichen der Stärke zu verkaufen. Doch der | |
zukünftige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich war noch gar nicht der | |
Öffentlichkeit präsentiert, da durchkreuzte ein Parteifreund die | |
kraftvollen Präsentation: Joachim Herrmann, der bayerische Innenminister, | |
erschien zur Fraktionssitzung der CSU im Landtag, und sofort wurde damit | |
klar, dass Friedrich nicht die erste Wahl für den Posten war. | |
Die Nachrichtenagenturen hatten bereits am Mittwochvormittag spekuliert, | |
Herrmann könnte Bundesinnenminister werden. Nun sagte er den Journalisten: | |
Seehofer habe ihm den Posten angeboten und er habe abgelehnt, "aus | |
persönlichen Gründen". Dabei hätte der stramme Law-and-Order-Mann Herrmann | |
in Berlin die konservative CSU-Innenpolitik auf Bundesebene zumindest | |
öffentlichkeitswirksamer umsetzen können als der vergleichsweise ruhige | |
Friedrich. | |
Ein Problem hat sich die CSU mit der Kabinettsumbildung vom Hals geschafft: | |
die Bundeswehrreform. Einige von der Schließung bedrohte | |
Bundeswehr-Standorte liegen in Bayern. Die CSU hätte im | |
Verteidigungsministerium die Reform gegen den Willen von CSU-Bürgermeistern | |
in der Heimat umsetzen müssen. Um die unpopuläre Maßnahme haben sich die | |
Bayern nun ganz elegant gedrückt. | |
3 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Hübner | |
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