# taz.de -- Ökologische Energie: Schwaben können sogar 100 Prozent | |
> Immer mehr Kommunen und Landkreise wollen ihren Strom selbst produzieren. | |
> Dafür muss Energie künftig viel effizienter eingesetzt werden. | |
Bild: Mehr Ökoenergie: Das ist das Ziel der Kommunen und Landkreise. | |
FREIBURG taz | Die Energiewende von unten gewinnt an Tempo. Während | |
internationale Klimaziele auf Konferenzen zwischen Lobbyinteressen | |
zerrieben werden, nehmen in Deutschland zunehmend Landkreise, Städte und | |
Gemeinden sowie Bürgerinitiativen den Klimaschutz selbst in die Hand - | |
indem sie vor Ort die Energieversorgung umbauen. | |
Am Samstag hatte die Evangelische Akademie im württembergischen Bad Boll zu | |
einer Tagung geladen, die diese "kraftvolle Bewegung von sogenannten | |
100-Prozent-Regionen" analysierte. "Am Anfang muss immer ein politischer | |
Beschluss stehen", bilanzierte nach der Tagung Jobst Kraus, Studienleiter | |
in Bad Boll. Außerdem sei für einen Erfolg hauptamtliches Personal nötig, | |
um das ehrenamtliche Bemühen engagierter Bürger zu unterstützen. | |
Sehr aktiv ist der Landkreis Ostalb. Dort hat der Kreistag im Sommer 2010 | |
beschlossen, seinen Energiebedarf bis 2025 zu 50 Prozent aus heimischer | |
erneuerbarer Energie zu decken. Dies soll vor allem mit Bürgerbeteiligung | |
gelingen; zwei Bürgerenergie-Genossenschaften wurden bereits gegründet. | |
Landrat Klaus Pavel sagt, man solle die unterschiedlichsten Akteure, die | |
von der Wertschöpfung vor Ort profitieren, unbedingt in das Konzept | |
einbinden - zum Beispiel Architekten und Handwerker, Landwirte und Banken. | |
Studienleiter Kraus ergänzt: Man müsse "der Vorstellung von Klimaschutz als | |
finanzieller Belastung eine Spar- und Investitionsstrategie | |
entgegensetzen". Genau das geschehe derzeit an vielen Orte. Es finde gerade | |
"ein entscheidender Paradigmenwechsel" statt. | |
Vorreiter war der bayerische Landkreis Fürstenfeldbruck, der sich bereits | |
im Jahr 2000 zum Ziel setzte, sich bis 2030 ausschließlich aus erneuerbaren | |
Energien zu versorgen. Das Projekt entwickelte eine Initiative fort, die | |
regionale Produkte vermarktet. Sie war einst unter dem Motto "Aus der | |
Region - für die Region" entstanden. | |
Ein anderes Beispiel ist die Region Bodensee-Hegau: Hier strebt das | |
Bürgerunternehmen Solarcomplex, das sich als "Prototyp eines Stadtwerks des | |
21. Jahrhunderts" sieht, die Energiewende bis 2030 an. Das Unternehmen hat | |
schon in einigen Dörfern die Wärmeversorgung auf Bioenergie umgestellt. | |
Die Wege und die Akteure sind unterschiedlich, die Ziele immer ähnlich. In | |
Freiburg zum Beispiel hat sich im Sommer 2009 ein Unternehmerverband | |
gegründet, der Südbaden binnen einer Generation auf 100 Prozent erneuerbare | |
Energie umstellen möchte. Die "100 Prozent GmbH" will "die Region wieder | |
auf Vordermann bringen", nachdem Freiburg vor zwei bis drei Jahrzehnten | |
europaweit führend gewesen sei bei den erneuerbaren Energien, | |
zwischenzeitlich aber längst von einigen anderen Städten überholt wurde. | |
Die Vollversorgung mit heimischer Energie kann aber nur gelingen, wenn | |
Energie künftig viel effizienter eingesetzt wird, als es heute geschieht, | |
resümiert Studienleiter Kraus in Bad Boll. Auch Joachim Nitsch, | |
langjähriger Experte für Energieszenarien am Deutschen Zentrum für Luft- | |
und Raumfahrt, setzt in seinen Szenarien stets auf mehr Effizienz. Am Ende | |
kommt er - in Anlehnung an den Werbeslogan des Landes Baden-Württemberg - | |
zu dem Fazit: "Wir können alles - auch 100 Prozent." | |
7 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Moschee soll Strom erzeugen: Die Windkraft Allahs | |
Sie wäre eine Weltneuheit: eine Moschee mit Windkraftanlagen in den | |
Minaretten. In zwei Türmen soll gut ein Drittel des Stroms erzeugt werden, | |
den die Moschee benötigt. | |
Spekulation mit Atomkatastrophe: Fukushima lässt Solaraktien schwanken | |
Erst gingen die Kurse steil nach oben, dann fielen einige am Mittwoch | |
wieder deutlich. Dahinter stecken kurzfristige Spekulationen. | |
Förderung treibt den Preis kaum: Öko macht den Strom billiger | |
Auch RWE-Chef Jürgen Großmann weiß es: Strom wird durch Öko am Ende | |
billiger. Gleichzeitig machen Energiekonzerne und CDU Stimmung gegen | |
Erneuerbare. | |
Erneuerbare Energien in Italien: Solare, Oh No | |
Die Förderung für Erneuerbare Energien soll in Italien drastisch gekürzt | |
werden. Der boomende Solarmarkt stört die Regierung. Sie möchte lieber | |
endlich Atomkraftwerke bauen. | |
"Green IT" auf der Cebit: Grüne Inseln im Plastikmeer | |
Wer findet die Öko-Maus? Auf der Computermesse Cebit wird auch grüne, | |
energiesparende Technologie angeboten. Doch die meisten Hersteller haben | |
noch nicht umgedacht. |