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# taz.de -- Förderung treibt den Preis kaum: Öko macht den Strom billiger
> Auch RWE-Chef Jürgen Großmann weiß es: Strom wird durch Öko am Ende
> billiger. Gleichzeitig machen Energiekonzerne und CDU Stimmung gegen
> Erneuerbare.
Bild: RWE-Chef Jürgen Großmann.
BERLIN taz | Für RWE-Vorstandschef Jürgen Großmann sind erneuerbare
Energien vor allem eines: teuer. Die Abgabe für Ökostrom steige und steige,
sagte er - im letzten Jahr von 2 auf 3,5 Cent, und "für 2012 zeichnet sich
ab, dass die Umlage 5 Cent pro Kilowattstunde erreichen könnte".
Der CDU-Wirtschaftspolitiker und Vize der Unionsfraktion im Bundestag,
Michael Fuchs, spricht ebenfalls von "bis zu 5 Cent", ähnlich wie Ewald
Woste, Chef des Bundesverbands der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft
BDEW.
Um solche Bilanzen tobt im Moment ein heftiger Streit. Die Skeptiker der
Ökoenergie rechnen oft nur mit den Kosten – die Fans der Erneuerbaren
verweisen dagegen auf Kosten-Nutzen-Berechnungen. Sie zitieren mehrere
aktuelle Studien, nach denen der Ausbau der erneuerbaren Energien die
Konsumenten deutlich geringer belaste als bislang angenommen, der grüne
Strom insgesamt die Preise senke und sich bereits jetzt schon bezahlt
mache.
Die Ökostromabgabe, auch EEG-Umlage genannt, wurde vor allem erhöht, weil
2010 etwa 7.000 Megawatt hochsubventionierter Solaranlagen in Deutschland
gebaut wurden. Weil eigentlich noch mehr geplant war und weil in der Umlage
noch Kosten für 2009 "nachgeholt" werden, liegt die Umlage für 2011
offenbar deutlich zu hoch. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung
(DIW) jedenfalls rechnet deshalb damit, dass 2012 die Ökostromumlage statt
5 weniger als 3 Cent beträgt.
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Unterstützung erhält die DIW-Rechnung vom Bundesumweltministerium. Dort
spricht man sogar nur von 2,7 Cents in 2012. Und auch das Umweltbundesamt
(UBA) kalkuliert in einer aktuellen umfangreichen Studie über
"Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien", dass Ökostrom die Preise
drückt. Denn die Erneuerbaren senken an der Strombörse die allgemeinen
Strompreise.
Dieser "Merit-Order-Effekt" mache "in etwa eine Größenordnung von 3,6 bis 4
Milliarden Euro aus, was rechnerisch zu einer Strompreissenkung um 0,58
Cent pro Kilowattstunde führen würde", heißt es. Weil die Stromproduktion
allgemein billiger geworden sei, werde der "Anstieg der EEG-Umlage
weitgehend durch Kostensenkungen kompensiert".
Sinkende Strompreise verschaffen allerdings der Ökoumlage ein schlechtes
Image. Weil der Ökostrom die Preise für den Normalstrom drückt, selbst aber
gleich teuer bleibt, steigt der relative Anteil der erneuerbaren Energie am
Strompreis. Laut UBA-Studie geht wegen solcher Rechenmethoden der Anstieg
dieser sogenannten Differenzkosten zwischen 2009 und 2010 auf 3 Milliarden
Euro "nur zu einem Drittel auf die gestiegenen EEG-Kosten zurück." Außerdem
stünden den Kosten von 5,7 Milliarden Euro für 2009 vermiedene
Umweltschäden in gleicher Höhe gegenüber.
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Der Ökostrom ist demnach nur ein kleiner Preisfaktor: Von den 27 Euro, die
ein Dreipersonenhaushalt 2009 pro Monat mehr für Strom ausgeben musste als
noch 2000, entfallen laut UBA nur 3,25 Euro auf die Öko-Umlage. Dass die
Förderung des grünen Stroms nur zu einem sehr geringen Teil die Preise
treibt, hat Ende letzten Jahres auch der Präsident der Bundesnetzagentur,
Matthias Kurth, aus Statistiken herausgelesen.
Heftige Kritik an der Preispolitik der Stromerzeuger kommt auch aus der
Energiewirtschaft. Der Vorstand der Juwi-Holding, die mit Projekten zu
erneuerbaren Energien jährlich 800 Millionen Euro umsetzt, erklärte: "Die
erneuerbaren Energien machen den Strom nicht teurer, sie machen ihn
billiger. Es sind die Großkonzerne, die den Strom teurer machen." Die
Umlage sei "ein Alibi für ihre Preiserhöhungen der Konzerne", die "eine
massive Kampagne gegen die EEG-Umlage und das EEG fahren."
Warum die Unternehmen sich sträuben, zeigt das DIW-Gutachten. Es schlägt
vor, die bisherigen Ausnahmen von der EEG-Umlage für energieintensive
Betriebe einzuschränken. Die Firmen zahlen bisher statt 3,5 Cent nur 0,05
Cent pro Kilowattstunde. Dieser Wert sollte nach den Vorschlägen des DIW
auf 0,5 Cent angehoben werden - eine Verzehnfachung der Abgabe für die
Großkunden.
Dass der Strom durch die Ökoenergien insgesamt billiger wird, gibt übrigens
auch Jürgen Großmann offen zu. Schließlich habe RWE im vergangenen Jahr
deutlich weniger verdient, weil "die von uns erhoffte Erholung bei den
Großhandelspreisen nicht stattgefunden hat", sagte er bei der
RWE-Bilanzpressekonferenz. "Ein wesentlicher Grund ist der dynamische
Ausbau der erneuerbaren Energien, der zulasten der Gas- und
Steinkohlekraftwerke geht."
10 Mar 2011
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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