# taz.de -- "Grüne Offensive" in China: Jedes Jahr um sieben Prozent wachsen | |
> Tausende Windräder, massiver Ausbau der Wasserkraft: China bemüht sich, | |
> ökologischer und effizienter zu werden – und bleibt bei Atom und Kohle. | |
Bild: Eine Chinesin trägt Feuerholz. Ob das Wachstum, das die Regierung propag… | |
PEKING taz | An den Tankstellen Pekings bleiben die Benzinpreise | |
eingefroren – trotz weltweit steigender Ölpreise. Der Nationale | |
Volkskongress tagt in der Hauptstadt, deshalb will die Regierung keinen | |
Unmut bei den Autofahrern riskieren. Sobald die knapp 3.000 Delegierten in | |
der nächsten Woche wieder abgereist sind, dürften Tanken teurer werden. | |
China ist die Nummer zwei in der Weltwirtschaft, der größte | |
Energieverbraucher noch vor den USA, gehört zu den größten | |
Energieimporteuren und will sich jetzt wandeln: von der "Werkbank der Welt" | |
mit schmutzigen, energiefressenden und technisch einfachen Industrien in | |
ein Land mit zunehmend "grüner" Produktion. Das ist das wichtigstes Ziel | |
des zwölften 5-Jahres-Plans, der bis 2015 gelten soll. | |
Gespannter schaut man deshalb auch im Ausland auf das Polittreffen in der | |
Großen Halle des Volkes am Tiananmen-Platz, wo die Pläne in diesen Tagen | |
vorgestellt werden sollen - gemeinsam mit dem neuen Staatshaushalt. Anders | |
als in den Zeiten reiner Planwirtschaft macht die Kommunistische Partei | |
darin keine detaillierten Produktionsvorgaben mehr, sondern sie legt die | |
Leitlinien der Industriepolitik und strategischen Entscheidungen für die | |
Zukunft fest. | |
Um durchschnittlich 7 Prozent soll die Wirtschaft bis 2015 jährlich | |
wachsen, falls die Versuche der Regierung fruchten, ihre gefürchtete | |
Überhitzung zu vermeiden. Das Bruttosozialprodukt dürfte sich um 50 Prozent | |
auf umgerechnet circa 5.400 Milliarden Euro erhöhen. Die grünen Pläne sind | |
deshalb ein ehrgeiziges Ziel: Hunderte Millionen Chinesen werden in den | |
nächsten Jahrzehnten vom Land in die Städte ziehen. Städter verbrauchen | |
auch in China viel mehr Heizung, Strom und Wasser als die Dorfbewohner. | |
70 Prozent der Energie in China via Kohle | |
Auch in Zukunft wird der Hauptbedarf an Energie von der in China reichlich | |
vorhandenen Kohle gedeckt werden, heute sind es 70 Prozent. Gleichzeitig | |
soll der Erdgasverbrauch von derzeit 4 Prozent auf 8 Prozent des gesamten | |
Energiemixes erhöht werden. Der Anteil der erneuerbaren Energien und der | |
Atomkraft am gesamten Verbrauch wird ebenfalls kräftig gesteigert: von | |
derzeit 8,3 Prozent auf 11,4 Prozent im Jahr 2015 und schließlich auf 15 | |
Prozent im 2020. Zusammen würde sie damit jährlich um 12 Prozent wachsen. | |
Deshalb plant die Regierung innerhalb der kommenden fünf Jahre, | |
Wasserkraftwerke massiv auszubauen: mit einer zusätzlichen Kapazität von | |
120 Gigawatt. Das wäre das 25-Fache der Leistung aller Wasserkraftwerke in | |
Deutschland. Neue Atommeiler sollen 40 Gigawatt bringen, Windparks 70 | |
Gigawatt und Solarzellen 5 Gigawatt. Dafür sollen 578 Milliarden Euro in | |
den Energiesektor investiert werden, davon knapp 55 Milliarden in | |
Hochspannungsleitungen. | |
Energieexperten und Klimapolitiker streiten unterdessen, wie weit die | |
Energieeffizienz verbessert werden kann. In den letzten fünf Jahren ist der | |
Energieaufwand pro Einheit des Bruttosozialproduktes um 19,6 Prozent | |
gesunken - laut Internationaler Energieagentur verbaucht China trotzdem | |
fünfmal so viel Energie pro Wirtschaftsgut wie die OECD-Länder. Ähnliche | |
Fortschritte dürften in Zukunft aber nicht mehr zu erreichen sein, glaubt | |
Pan Jiahua, einer der prominentesten Energieexperten Chinas. | |
Wenig Potenzial zur CO2-Einsparung | |
Nachdem in den letzten Jahren bereits zahlreiche Dreckschleudern, kleine | |
Kraftwerke und Stahlwerke Chinas geschlossen wurden, "bleibt jetzt nichts | |
mehr zu schließen", sagte er jüngst in einem Interview. Das Niveau bei | |
großen chinesischen Unternehmen nähere sich bereits internationalen | |
Standards an: Chinas Heizkraftwerke seien effektiver als die Japans, die | |
Autos in China schluckten weniger Sprit als die in den USA. Pan hält für | |
die nächsten fünf Jahre 15 Prozent weniger Energie pro produzierter Einheit | |
für realistisch. | |
Man müsse damit rechnen, dass Behörden in den Provinzen Krankenhäusern den | |
Strom abschalteten, warnte Pan. Im vergangenen Jahr hatten einige örtliche | |
Funktionäre tatsächlich ganzen Ortsteilen inklusive Kliniken den Strom | |
gekappt, um die Sparziele zu erfüllen. China könne, sagt Pan, sein | |
Versprechen wahrmachen, seinen CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 bis 45 Prozent | |
pro Einheit des Bruttosozialproduktes zu senken. Absolut gemessen würde der | |
Ausstoß des Klimagases wegen des rapiden Wachstums trotzdem steigen. | |
8 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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