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# taz.de -- Protest in Bahrain geht weiter: Schüsse gegen Demonstranten
> Sicherheitskräfte gehen in Manama gegen die Demonstranten vor. Dabei
> kommen mindestens sechs Menschen ums Leben. Opposition spricht von
> "saudischer Besatzung".
Bild: Die Truppen vom Gulf Cooperation Council sollen auf Demonstranten geschos…
KAIRO taz | Die Regierung in Bahrain versucht, die seit über einen Monat
andauernden Proteste endgültig zu beenden. Mit einem großen Aufgebot an
Sicherheitskräften ließ sie in den Morgenstunden am Mittwoch den
Perlenplatz in der Hauptstadt Manama von Demonstranten räumen.
Trotz des Einsatzes von Tränengas und Gummigeschossen und nach machen
Augenzeugenberichten auch scharfer Munition gelang es den Truppen erst nach
mehreren Stunden, den Platz völlig unter Kontrolle zu bekommen. Auch das
Handynetz war zeitweise blockiert. Der Perlenplatz war bereits vor einem
Monat gewaltsam geräumt worden, wurde aber wieder besetzt.
Mindestens sechs Menschen sollen nun ums Leben gekommen sein, darunter auch
zwei Polizisten, die von den Fahrzeugen fliehender Demonstranten angefahren
wurden, wie das staatliche Fernsehen berichtet. Zwei Demonstranten starben
laut Zeugen direkt auf dem Platz, ein weiterer erlag später seinen
Verletzungen. "Sie haben den Platz mit Tränengas eingedeckt und dann das
Feuer eröffnet", erzählt Hamid Zuhair, einer der Demonstranten. "Wir haben
unsere Arme gehoben und gesagt, wir sind friedlich, dann sind wir
davongerannt. Das Tränengas und die Schüsse wurden uns zu viel."
Die Räumung erfolgte nur einen Tag nach Ausrufung des Ausnahmezustands und
dem Einmarsch von mindestens 1.000 saudischen Soldaten und 500 Polizisten
aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die im Rahmen des
Militärbündnisses des Golfkooperationsrates entsandt worden waren. Ob die
saudischen Truppen direkt an der Räumung beteiligt waren, ist unklar.
Jedenfalls umzingelten Sicherheitskräfte auch das wichtigste Krankenhaus
Salamaniya. Niemand wurde hinein- oder herausgelassen. Die Verwundeten
mussten in Moscheen oder Privathäusern versorgt werden. Eine Ärztin
berichtete dem britischen Fernsehsender BBC, dass sie sich mit ihren
Kollegen vor Truppen versteckt habe, die die Ärzte bedrohten.
In einer gemeinsamen Erklärung beschreibt Bahrains Opposition die
saudischen Truppen als "eine offene Besatzung und als eine Verschwörung
gegen das unbewaffnete Volk von Bahrain". Einer der Demonstranten auf dem
Perlenplatz, Sayed Alawi, sagte dem TV-Sender al-Dschasira: "Die Truppen
des Golfkooperationsrates kämpfen nicht gegen ausländische Truppen, sondern
gegen das Volk von Bahrain. Wir machen nichts anderes, als unsere legitimen
Rechte einzufordern."
Dagegen argumentiert die saudische Regierung, sie sei mit ihrem
Truppeneinmarsch lediglich einem Ruf nach Unterstützung aus Bahrain
gefolgt. Auch der Premierminister Bahrains, Muhammad Ben Jassim Bin Jabr,
beschreibt das Ganze in einem Interview mit al-Dschasira als normalen
Bündnisfall.
Die weitgehend friedlichen Demonstranten in Bahrain hatten vor einem Monat
begonnen, politische Reformen einzuklagen. Einige fordern auch den Sturz
der Herrscherfamilie al-Khalifa. Getragen wird die Bewegung von der
schiitischen Bevölkerungsmehrheit, die sich als Bürger zweiter Klasse
sehen. Nach eigenen Angaben geht es der Bewegung nicht um einen
konfessionellen Konflikt, sondern um ihre Bürgerrechte.
Das Regime in Bahrain und das benachbarte Saudi-Arabien sehen in den
Protesten dagegen als eine vom Iran gelenkte schiitische Bedrohung. Aus
Teheran heißt es zu der neuesten Eskalation: "Die Anwesenheit von
ausländischen Truppen in Bahrain ist absolut unakzeptabel und kompliziert
die Lage."
Die Saudis fürchten, dass der Bahrain-Konflikt auf die schiitische
Minderheit im Osten des Landes überschwappen könnte. Diese hatte bereits in
mehreren Demonstrationen ihre eigenen Bürgerrechte eingeklagt.
US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte bei einem Besuch in Kairo, dass
sie mit ihrem saudischen Amtskollegen Prinz Saud telefoniert habe, um zu
betonen, dass "die ausländischen Truppen den Dialog in Bahrain fördern
sollen". Clinton rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Unterdessen rief
das Pentagon alle Familienmitglieder von US-Soldaten auf, dass Land zu
verlassen. Im Bahrain befindet sich das Hauptquartier der 5. US-Flotte.
Der bahrainische Blogger Khaled Bahrain zieht eine bittere Bilanz: "Unsere
Chance, dass dieser Konflikt mit Vernunft gelöst wird, ist vorbei. Blut
wurde vergossen, Menschen wurden getötet und blinde Wut dominiert. Heute
sind alle Bahrainer die Verlierer."
16 Mar 2011
## AUTOREN
Karim Gawhary
Karim El-Gawhary
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