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# taz.de -- AKW-Sicherheit: "Fukushima"-Reaktoren in Deutschland
> In Deutschland sind die Siedewasserreaktoren vom Netz. Doch die beiden
> Reaktoren in Gundremmingen nicht. Sie sind baugleich mit den
> Fukushima-Reaktoren.
Bild: In Deutschland gibt es AKWs mit der gleichen Bauweise wie bei Fukushima I…
BERLIN taz | Acht deutsche Atomkraftwerke stehen momentan still.
Ausgerechnet die beiden Reaktoren in Gundremmingen laufen aber weiter. Es
sind zwei Siedewasser-Reaktoren, baugleich mit denen im japanischen
Fukushima. Und genauso wie heute in Fukushima kam es in Gundremmingen auch
schon zu einem Totalschaden am Reaktor, einem der schwersten Fälle in der
deutschen Atom-Geschichte.
Am 13. Januar 1977 gab es so viel Raureif, dass die Stromleitungen zum
Atomblock A in Gundremmingen unter der Last rissen. Der im Reaktor
produzierte Strom floss nicht mehr ab, weil es keine Verbindung zum
Stromnetz mehr gab. Zwar schaltete sich Block A noch selbst ab. Dann aber
versagte die Kette der sicherheitstechnischen Systeme: Die Energie, die der
Reaktor noch weiter freisetzte, beschädigte den Reaktorkern schwer. Nie
wieder sollte Block A des Atomkraftwerks Grundremmingen ans Netz gehen
können.
Von ein paar aufgeregten örtlichen Bürgerinitiativen abgesehen, gelang es
den bayrischen Atomlobbyisten damals noch, den Vorfall lange Zeit
herunterzuspielen. Atomkraft galt schließlich als eine sichere
Angelegenheit.
Heute jedoch warnen selbst regierungsnahe Spezialisten vor den
Siedewasser-Reaktoren. Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energieagentur
dena, eines Beratungsinstituts, dem Bundeswirtschaftsminister Rainer
Brüderle (FDP) vorsteht, forderte: "Die sechs Siedewasserreaktoren, die in
Deutschland noch laufen, müssen sofort vom Netz." Tatsächlich gingen mit
Isar 1 und Philippsburg 1 zwei Siedewasserreaktoren vom Netz, die in
Brunsbüttel und Krümmel stehen ohnehin seit drei Jahren still. Nur die
beiden Blöcke B und C in Gundremmingen dürfen weiter laufen.
## Wetterlage Vb
Siedewasserreaktoren haben gegenüber den moderneren Druckwasserreaktoren
den Nachteil, dass ihr Kühlwassersystem nicht auf den radioaktiven
Kreislauf im Sicherheitsbehälter beschränkt ist. Das bedeutet: Im Falle
eines Störfalls im Reaktorkern ist der Austritt von Radioaktivität
wahrscheinlicher als in einem Druckwasserreaktor.
Der Primärkreislauf eines Siedewasserreaktors ist nicht auf den
Sicherheitsbehälter beschränkt, der gesamte Dampfkreislauf ist radioaktiv.
Kommt es etwa im Maschinenhaus zu einem Defekt im Rohrleitungssystem, wird
radioaktiver Dampf freigesetzt. In solch einem Fall könnte ein großer
Kühlmittelverlust folgen, der wiederum schnell zu einer Kernschmelze führen
kann.
Wegen dieser Gefahr wurden in Deutschland schon viele Siedewasserreaktoren
vom Netz genommen: das Atomkraftwerk Lingen genauso wie das in Würgassen,
die Versuchsreaktoren in Großwelzheim und Kahl (Bayern). In Gundremmingen
arbeiten Siedewasserreaktoren der Baulinie 72, deren Sicherheitskonzept im
Jahr 1972 gegenüber der Baureihe von 1969 an den damals neuesten
technischen Stand angepasst wurde. Allerdings waren es die beiden letzten
mit Siedewasser-Technologie. Danach wurden nur noch Druckwasserreaktoren
gebaut.
Der Kraftwerksstandort Gundremmingen liegt im Donautal, 500 Meter Luftlinie
vom Fluss entfernt. In Fukushima hatte die Tsunami-Welle die
Notstromaggregate außer Gefecht gesetzt. Natürlich gibt es in Westbayern
keine Tsunamis. Dafür aber die Wetterlage Vb: Extrem wasserreiche
Luftmassen aus dem Mittelmeerraum regnen sich bei diesem Wetterphänomen
immer häufiger in Mitteleuropa ab.
Oderflut, Donauflut, Elbeflut oder zuletzt die Flut an Neiße, Schwarzer
Elster und Spree: Stets waren Vb-Wetterlagen für die Hochwasser
verantwortlich. Und Meteorologen sagen voraus, dass sich wegen der
Erderwärmung die Intensität solcher Extremwetter spürbar verschärfen wird.
23 Mar 2011
## AUTOREN
Nick Reimer
## TAGS
RWE
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
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