# taz.de -- Spionage durch den Verfassungsschutz: Linke bekommen mehr Spitzel | |
> Weil die Gewaltbereitschaft in der linksextremen Szene steige, soll der | |
> Verfassungsschutz mehr "menschliche Quellen" einschleusen, so das | |
> Innenministerium. | |
Bild: Wer ist der Spitzel? Der Verfassungsschutz will verstärkt Spitzel in der… | |
BERLIN taz | Die Affäre um den britischen Undercover-Ermittler Mark Kennedy | |
ist noch nicht geklärt, da kündigt die Bundesregierung eine besondere | |
Initiative an: Sie will mehr Spitzel als bisher in linke Gruppen schicken, | |
um an Informationen zu kommen. Das geht aus einer noch nicht | |
veröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage der | |
Linkspartei-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke hervor, die der taz | |
vorliegt. | |
In der Antwort des Bundesinnenministeriums heißt es: Nach wie vor sei der | |
Einsatz menschlicher Quellen eines der effektivsten nachrichtendienstlichen | |
Mittel zur Informationsbeschaffung. "Ziel des Verfassungsschutzes ist es, | |
(…) diese Form der Aufklärung im Bereich gewaltbereiter Linksextremismus zu | |
verstärken." Hierzu gebe es ein beim Verfassungsschutz angesiedeltes | |
Projekt mit dem Titel "Verstärkte Aufklärung der gewaltbereiten Szene durch | |
menschliche Quellen". Ein Sprecher des Bundesamts für Verfassungsschutz | |
wollte am Donnerstag gegenüber der taz keine näheren Angaben zu dem Projekt | |
machen. | |
In den letzten Monaten waren wiederholt verdeckte Ermittler aus | |
Polizeikreisen enttarnt worden, die gezielt die linke Szene in Deutschland | |
ausgeforscht hatten. Dabei gerieten diese auch in den Verdacht, selbst an | |
Straftaten beteiligt gewesen zu sein oder dazu angestachelt zu haben. Der | |
prominenteste Fall war der des britischen Polizisten Mark Kennedy, der als | |
Aktivist unter dem Namen "Mark Stone" über Jahre hinweg in Berlin und | |
anderen deutschen Städten die linke Szene ausspionierte. Kennedy war unter | |
anderem beim G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm aktiv an der polizeilichen | |
Aufklärungsarbeit beteiligt gewesen. In Berlin war der britische Beamte | |
beim Versuch einer Brandstiftung festgenommen worden. | |
Zwar hatte Mecklenburg-Vorpommerns Innenministerium bereits zugegeben, dass | |
Kennedy während des G-8-Gipfels für die ostdeutschen Behörden aktiv gewesen | |
war. Erst jetzt bestätigte die Landesregierung allerdings, dass für | |
Kennedys Einsatz auch Geld geflossen ist. Auf eine parlamentarische Anfrage | |
der Landtagsabgeordneten Barbara Borchardt (Linksfraktion) räumte das | |
Schweriner Innenministerium jetzt ein, die Spesen für Kennedys Einsatz | |
bezahlt zu haben. In der Antwort heißt es: "Der ausländischen | |
Polizeibehörde wurden die einsatzbezogenen Aufwendungen (z. B. Reise-, | |
Übernachtungs- und Verpflegungskosten) erstattet." | |
"Die Aufarbeitung des unter Parlamentariern im Deutschen Bundestag | |
umstrittenen Falls steht noch aus. Der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele | |
(Grüne) hat der Bundesregierung eine ausführliche Kleine Anfrage vorgelegt, | |
deren Beantwortung für Anfang April erwartet wird. | |
24 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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