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# taz.de -- Ingenieurin zum Equal Pay Day: "Transparenz ist das A und O"
> Typische Frauenberufe müssten endlich aufgewertet werden, fordert die
> Ingenieurin Karin Diegelmann. Dann würden dort in Kürze viel mehr Männer
> arbeiten.
Bild: Aufklärung gefragt: Bauleiter ist nicht mehr nur ein reiner Männerberuf.
taz: Frau Diegelmann, in Deutschland verdienen Frauen durchschnittlich 23
Prozent weniger als Männer. Bekommen Sie auch weniger als Ihr Kollege?
Karin Diegelmann: Ja, aber das liegt nicht an der Lohnlücke, sondern daran,
dass er älter ist und zwei Kinder hat. Ich arbeite in einem Bereich, der
angelehnt ist an den öffentlichen Dienst, daher müssten Frauen und Männer
gleich bezahlt werden. Das regelt der Tarifvertrag.
Wenn Tarifverträge offiziell nicht nach Geschlechtern unterscheiden, wie
kann es dann sein, dass Frauen im öffentlichen Dienst schlechter bezahlt
werden als Männer?
Das liegt unter anderem an den oft überholten Tätigkeitsbeschreibungen für
die Eingruppierungen und an den Leistungszulagen.
Die Tätigkeitsbeschreibungen für Frauen sind so gemacht, dass sie eine
geringere Bezahlung rechtfertigen?
In den Sekretariatsberufen von Unternehmen und Verwaltungen sind fast
ausschließlich Frauen beschäftigt. Heute sind das aber vielfach
anspruchsvolle Managementassistenztätigkeiten. Die Beschreibungen sind aber
nicht angepasst worden, und die Jobs werden nach den alten Profilen
schlechter bezahlt.
Sind Frauen selbst schuld, wenn sie das mitmachen?
Nein. "Typische" Frauenberufe, vor allem auch jene in der Pflege sowie im
Gesundheits- und im Bildungsbereich, sind unabdingbar für unser
Sozialsystem. Deshalb müssen diese Berufe dringend aufgewertet werden. Wenn
die besser bezahlt würden, würden dort in Kürze viel mehr Männer arbeiten.
Und zwar auf allen Ebenen und nicht nur in Leitungspositionen, wie das
jetzt der Fall ist.
Berechnungen zeigen, dass eine sechsmonatige berufliche Unterbrechung,
beispielsweise durch Elternzeit, eine Lohneinbuße von 9 Prozent ausmacht.
Nach einem Jahr sind es schon 15 Prozent. Müssen Frauen künftig auf die
Elternzeit verzichten, nur um finanziell den Anschluss zu halten?
Diese Lücke kann man leicht schließen. Indem Mütter und Väter verpflichtet
werden, zu gleichen Teilen Elternzeit nehmen.
Das müssen vor allem die Unternehmen mitmachen.
Natürlich. Arbeitgeber müssten dann auch bei einem jungen Mann
einberechnen, dass er wegen Elternzeit eine Weile ausfällt. Das ist ein
Gewinn für alle: Mütter und Väter sind bei den Kindern, Unternehmen
profitieren von den Potenzialen der Frauen und die leidige Lohnlücke
entfällt.
Norwegen und Schweden veröffentlichen jährlich Gehaltslisten im Internet.
Jeder kann sehen, was der Chef, der Politiker, der Kollege verdient. Ist
das auch in Deutschland vorstellbar?
Transparenz ist das A und O. Wenn es die gibt, dann können Frauen auch jene
Summe einfordern, die ihnen im Vergleich zu Männern verweigert wird.
Sie sind Ingenieurin geworden. Weil Sie wussten, dass es hier mehr zu holen
gibt?
Meine Eltern hatten für mich einen typischen Frauenberuf vorgesehen:
Lehrerin. Weil der ja schön mit der Familie vereinbar ist. Aber das machte
mir keinen Spaß, ich sattelte einfach um. Zum Schrecken meiner Familie.
Nur jede zehnte Ingenieur ist eine Frau. Haben es Ingenieurinnen unter
Männern schwer?
Ich habe gerade ein Haus gebaut, als Bauleiterin. Aber ich wurde ständig
gefragt: Wo ist denn der Chef? Beim Titel Ingenieur wird nach wie vor ein
Mann erwartet. Uns Frauen wird technisches Verständnis abgesprochen, wir
müssen beweisen, wie gut wir sind. Hier muss mit den Rollenbildern
aufgeräumt werden.
Viele Mädchen wollen heute lieber Friseurin werden als Mechatronikerin.
Hier ist Aufklärung gefragt, besonders in der Schule. Wenn ein Mädchen
weiß, dass eine alleinerziehende Verkäuferin in Teilzeit sich und ihr Kind
nicht ernähren kann, eine alleinerziehende Ingenieurin in Teilzeit aber
schon, entscheidet sie sich vielleicht anders.
25 Mar 2011
## AUTOREN
Simone Schmollack
## TAGS
Lohnlücke
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