# taz.de -- Informationen auf Wikileaks: Eine Frage der Ethik | |
> Wikileaks erschließt Journalisten neue Recherchemöglichkeiten. Doch zu | |
> viele Informationen können schnell die Persönlichkeit einzelner Menschen | |
> verletzen. | |
Bild: Wikileaks in der Diskussion: Daniel Domscheit-Berg, Constanze Kurz, Danie… | |
BERLIN taz | Schon ein kleines Reiskorn kann die Waagschale zum Kippen | |
bringen. Schon eine Enthüllungsplattform wie Wikileaks kann den | |
öffentlichen Diskurs über die Art und Weise der Informationsverbreitung im | |
Medienzeitalter bestimmen, da seit dem Start von Wikileaks 2007 | |
Informationen in einer Art veröffentlicht wurden, die es so noch nicht | |
gegegeben hatte. Das aktuellste Beispiel sind die geheimen amerikanische | |
Diplomatendepeschen. | |
In diesem Zusammenhang ergibt sich die Frage, wo die Geheimhaltung von | |
Informationen aufhört und die Transparenz anfängt. Damit setzten sich die | |
Teilnehmer des Medienkongress-Podiums "Das große Leck. Wikileaks und die | |
Folgen: Welche Informationen sollen privat bleiben, welche müssen | |
öffentlich gemacht werden" auseinander. Unter ihnen auch der ehemalige | |
Wikileaks-Sprecher und Autor Daniel Domscheit-Berg, Constanze Kurz, | |
Informatikern und Sprecherin des Chaos Computer Clubs sowie der | |
Enthüllungsjournalist Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung und der | |
grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz, der auch Mitglied von | |
Transparancy International ist. | |
Obwohl Wikileaks mehrfach die öffentliche Aufmerksamkeit durch ihre Art der | |
Informationsbeschaffung und Informationsverbreitung erhalten haben, sieht | |
Konstantin von Notz das Phänomen Wikileaks als überschätzt an: Wikileaks | |
sei nur ein Label der digitalen Wende. | |
Dabei vernachlässigt er jedoch die Möglichkeiten für den Journalismus, der | |
durch Wikileaks auf neue Methoden der Recherche zurückgreifen kann. Dazu | |
ergänzt Hans Leyendecker "Gut recherchierte Geschichten können noch besser | |
gemacht werden durch zusätzlich Informationen. Dabei soll jedoch nicht nur | |
Wert auf exklusives Informationmaterial gelegt werden, um in der breiten | |
Medienlandschaft Beachtung zu finden." | |
Eine ähnliche Aufgabe sieht auch Domscheit-Berg für die Medien: "Es reicht | |
nicht nur die Informationen zu verbreiten. Viele Menschen wissen gar nicht | |
wie sie mit ihnen umgehen sollen. Dort sollte die Medien als Kontextmacher | |
ansetzen und die ihnen gegebenen Informationen so miteinanderverknüpfen, | |
dass die Rezipienten damit etwas anfangen können." | |
Neben dem Journalismus bietet Wikileaks auch eine Informationsquelle für | |
die allgemeine Öffentlichkeit, die laut Konstantin von Notz hilfreich sei. | |
Gerade nach dem 11. September wurden viele Informationen geheimgehalten mit | |
der Begründung, dies sei essentiell für die Wahrung der öffentlichen | |
Sicherheit. "Wikileaks stellt in diesem Zusammenhang eine gesellschaftliche | |
Gegenbewegung dar, welche die Informationsgesellschaft diskutieren lässt", | |
so von Notz. Grundlegende Probleme sieht er jedoch bei der | |
Informationsverbreitung durch Wikileak. Alles zu veröffentlichen, was man | |
bekommt, sieht von Notz problematisch, da die Persönlichkeitssphäre des | |
Einzelnen in der Öffentlichkeit verletzt werden könnte. Das sieht Constanze | |
Kurz ähnlich: "Der Schutz der einzelnen Person steht auch in der | |
Hacker-Ethik im Mittelpunkt." | |
9 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Vanessa Weiß | |
## TAGS | |
taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“ | |
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