# taz.de -- Serie Crowdfunding - Teil 1: Das Publikum als Mäzen | |
> Statt sich Filme oder Musik von der Kulturindustrie finanzieren zu | |
> lassen, bitten einige Künstler lieber das Publikum um Spenden. Eine | |
> Plattform dafür ist Inkubato.com. | |
Bild: Erfolgreich Geld gesammelt: Die Seite der Macher der "Bar25"-Doku auf Ink… | |
"Schau dich um und unterstütze, was dir gefällt", steht groß auf der | |
Startseite. Darunter reihen sich die fünf aktuellen Projekte, die um Gelder | |
werben: eine Plattform für Videoaktivismus aus aller Welt, zwei | |
Plattenaufnahmen, eine interdisziplinäre Kunsthalle, ein | |
Ausstellungsprojekt. Sie brauchen zwischen 720 und 15.000 Euro, die meisten | |
liegen unter einem Drittel des Plans. | |
"Das wird uns jetzt wohl ein bisschen die Quote verhauen", sagt Konrad | |
Lauten, Mitbegründer und Betreiber der Seite [1][Inkubato]. "Bisher haben | |
wir drei von sieben Projekten finanziert bekommen. Aber wir haben halt auch | |
keine große Agentur im Rücken, die uns das Marketing macht, dann ist es ein | |
bisschen schwieriger." | |
Jetzt ist es wohl nur das [2][Brunos Boogaloo Orchestra], das sich | |
berechtigte Hoffnung auf die Realisierung ihrer Plattenaufnahme machen | |
kann: momentan steht ihr Zeiger bei 42 Prozent, es fehlen noch 1.713 Euro, | |
bei knapp mehr als 60 Tagen Restlaufzeit. | |
Die Idee klingt verführerisch: statt sich durch komplizierte, ineffektive | |
Förderanträge, undankbare Plattenlabels oder aufreibende Nebenjobs ein | |
Projekt zu finanzieren, gibt man dem Publikum die Möglichkeit, als Mäzen | |
aufzutreten und Gutes zu tun für die Kunstproduktion. Dafür erhalten sie | |
kleine Aufmerksamkeiten, je nach Projekt eine Special Edition der CD, ein | |
paar exklusive Einblicke – und das Gefühl, von Anfang an dabeigewesen zu | |
sein. | |
Einige der meistzitierten Erfolgsgeschichten des Croudfunding sind so | |
entstanden: Zuallererst die [3][Band Marillion], das war 1997. Damals hatte | |
das Management der Band eine US-Tournee ausgeschlossen, woraufhin sich | |
dortige Fans zusammentaten und 61.000 Dollar spendeten, um die Tour doch | |
noch möglich zu machen: sie wurde ein Erfolg. Die folgenden Platten ließ | |
die Band sich komplett von ihren Anhängern vorfinanzieren. | |
2009 ahmte Public Enemy das Modell nach und erhielt 59.100 Euro – | |
ursprünglich waren 250.000 US-Dollar angestrebt worden. Aktuell läuft die | |
Spendenaktion zur schwedisch-australisch-deutschen [4][Filmproduktion Iron | |
Sky]: von den eingeplanten 900.000 Euro sind bisher 45 Prozent in der | |
Kasse. 2012 soll der Film dann kommen. | |
## Erfolgsmodell "Bar 25" | |
Auch Inkubato wartet mit einer großen Erfolgsstory auf: fast 27.000 Euro | |
spendeten 271 Unterstützer für einen Dokumentarfilm über die legendäre | |
Berliner "Bar25", der ebenfalls 2012 starten soll. "Ich war am Anfang ja | |
eher skeptisch, ob der Betrag nicht zu hoch angesetzt ist", so Konrad | |
Lauten, der früher auch dem Team der "Bar25" angehörte. "Aber die Community | |
war unglaublich." | |
Zwei Dinge haben den Erfolg der Aktion befeuert: Erstens, das enorme | |
Renommee, die gute Vernetzung der Filmmacher und die emotionale Bindung des | |
Publikums an die "Bar25", die ja ein mysthischer Ort des Berliner | |
Nachtlebens gewesen ist. Und zweitens die Bereitschaft des Teams, sich | |
intensiv mit den Fans, der Community auseinanderzusetzen. "Crowdfunding ist | |
kein Selbstläufer", sagt Lauten, "da steckt viel Arbeit drin". | |
Schätzungsweise zehn bis zwölf Stunden die Woche, über drei Monate hinweg, | |
das wäre der Arbeitsaufwand, den man bei so einem Budget einplanen müsste. | |
"Die Selbstdarstellung des Künstlers ist von enormer Bedeutung", so Lauten, | |
"das beginnt schon mit einem gut gemachten Video." Das "Bar25"-Video hatte | |
zum Abschluss der Aktion "zwischen zwanzig und dreißigtausend Views, und | |
davon haben dann 271 Leute gesagt: das unterstütze ich jetzt." | |
Und da liegen wohl auch die Grenzen des Crowdfunding in der Kultur: denn | |
unzugängliche, spröde und introvertierte Künstler mag das Netz nicht, so | |
lange sie nicht schon bekannt sind. "Einerseits ist es ja gut, dass sich | |
die Künstler nicht vereinnahmen lassen", sagt Lauten, "aber andererseits | |
hängt diese Art von Finanzierung eben doch sehr stark von der | |
Selbstdarstellung ab." | |
9 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.inkubato.com/de/ | |
[2] http://www.inkubato.com/de/projekte/4d776a4f544af | |
[3] http://www.marillion.com/ | |
[4] http://www.ironsky.net/site/support/finance/ | |
## AUTOREN | |
Frederic Valin | |
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