# taz.de -- Proteste in Syrien: Dutzende Tote in Banias | |
> Syrische Sicherheitskräfte haben offenbar die Hafenstadt Banias | |
> abgeriegelt. Dutzende Menschen waren am Wochenende bei gewaltsamen | |
> Niederschlagungen der Proteste getötet worden. | |
Bild: Sicherheitskräfte schleifen offenbar einen Oppositionellen in Daraa übe… | |
SANAA dapd | Syrische Sicherheitskräfte haben Augenzeugen zufolge die | |
Hafenstadt Banias abgeriegelt. In der Nacht war es zu Auseinandersetzungen | |
gekommen, bei denen mehrere Menschen ums Leben kamen. Nach Demonstrationen | |
für Reformen in der hauptsächlich von Sunniten bewohnten Stadt im Nordosten | |
des Landes hätten Vertreter der alawitischen Minderheit aus vorbeifahrenden | |
Autos mit Maschinengewehren auf Einwohner geschossen. Einem | |
Menschenrechtler zufolge seien dabei mindestens drei Personen getötet | |
worden. | |
Ein anderer Menschenrechtler berichtete, dass die Stadt daraufhin | |
abgeriegelt wurde. "Wir haben versucht, über die Küstenautobahn nach Banias | |
zu kommen, aber die Geheimpolizei hat die Straße blockiert und Autos wieder | |
zurückgeschickt. Auch Seitenstraßen waren gesperrt." | |
Am Wochenende hatten die Truppen von Präsident Baschar al-Assad ihr | |
Vorgehen gegen Demonstranten verschärft. In Banias wurden die Proteste | |
offenbar von den Sicherheitskräften gewaltsam niedergeschlagen. Ein | |
Augenzeuge berichtete, vier Demonstranten seien getötet und Dutzende | |
verletzt worden. Die Namen der Toten seien am Sonntag über | |
Moscheen-Lautsprecher verlesen worden. Die Sicherheitskräfte hätten die | |
Stadt abgeriegelt, auch Panzer seien im Einsatz gewesen. Offenbar wurde in | |
der Stadt der Strom abgestellt, Telefon und Internet funktionierten nicht. | |
Die Berichte konnten nicht unabhängig bestätigt werden, da die Regierung | |
nur eine stark eingeschränkte Berichterstattung zulässt und viele | |
Journalisten des Landes verwiesen wurden. | |
## Neun Polizisten getötet | |
Unterdessen berichtete das Staatsfernsehen über den Tod von neun | |
Polizisten. Die Beamten seien nahe Banias in einen Hinterhalt gelockt | |
worden. Bewaffnete hätten sich zwischen den Bäumen entlang einer Straße | |
versteckt. Später wurden Aufnahmen von Zivilfahrzeugen gezeigt, die auf | |
derselben Straße unter Beschuss kamen. In dem Bericht wurden Schlägertrupps | |
für den Anschlag verantwortlich gemacht. | |
Die staatliche Nachrichtenagentur SANA zitierte Präsident Baschar al-Assad | |
am Sonntag mit den Worten, es ginge weiter voran mit umfassenden Reformen | |
in Syrien. In den vergangenen Wochen hatte er nur [1][kleine | |
Zugeständnisse] an die Demonstranten gemacht, die seit drei Wochen unter | |
anderem die Aufhebung der seit zehn Jahren geltenden Notstandsgesetze | |
fordern. Diese erlauben es dem Regime auch, Menschen ohne Anklage zu | |
inhaftieren. | |
Mehr als 170 Menschen sind laut Menschenrechtsorganisationen seit Beginn | |
der Proteste ums Leben gekommen. Die Regierung drohte mit der | |
Niederschlagung jeglicher weiterer Aufstände. Das Innenministerium erklärte | |
am Samstag, die "absichtliche Mischung von friedlichen Protesten und | |
Sabotage und das Säen von Konfessionskonflikten" werde nicht geduldet. | |
## Samstag bislang blutigster Tag der Proteste in Syrien | |
Am Samstag waren bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und | |
Demonstranten landesweit 37 Menschen getötet worden. Es war der bislang | |
blutigste Tag seit Beginn der Unruhen im März. Die meisten Opfer gab es in | |
Daraa. Auch am Vortag sollen Sicherheitskräfte nach Angaben von | |
Menschenrechtsaktivisten und Augenzeugen auf Demonstranten geschossen | |
haben. 25 Menschen seien ums Leben gekommen und Hunderte weitere verletzt | |
worden. | |
Das staatliche Fernsehen berichtete dagegen, aus den Reihen der | |
Demonstranten sei zuerst geschossen worden. 19 Beamte seien getötet worden. | |
Die Chefredakteurin der staatlichen Zeitung Tischrin wurde am Samstag | |
entlassen, weil sie in einem Interview mit dem arabischen Fernsehsender | |
al-Dschasira die Sicherheitskräfte für die Gewalt am Freitag verantwortlich | |
gemacht hatte. | |
11 Apr 2011 | |
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