# taz.de -- Ein Demoanmelder mehr am 1. Mai: Revolutionäre melden sich ab | |
> Ein linker Sonderling meldet die große Demonstration am 1. Mai um 18 Uhr | |
> an. Die bisherige Organisatoren wollen damit nichts zu tun haben. Sie | |
> liebäugeln mit 1. Mai ohne Demo-Anmeldung. | |
Bild: Die war noch ordnungsgemaß angemeldet: Die 18-Uhr-Demo am 1. Mai 2010 | |
Chaos um die "Revolutionäre 1. Mai-Demonstration": Nachdem in der | |
vergangenen Woche ein Mitarbeiter der Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla | |
Jelpke nach heftiger Kritik seine Anmeldung für die 18 Uhr-Demo zurückzog, | |
springt nun ein Sonderling der linken Szene Berlins ein: Roland Ionas | |
Bialke. | |
Bei der Polizei wird die Anmeldung bestätigt. Man werde sie prüfen und die | |
üblichen Anmeldergespräche führen, so eine Sprecherin. Wie ursprünglich | |
geplant will auch Bialke die Demo ab 18 Uhr vom Kottbusser Tor nach | |
Neukölln führen. Statt am Südstern soll der Aufzug in der Hermannstraße | |
enden. In linken Internetforen wird dies als "Selbstinszenierung" oder | |
"Satire" kommentiert. | |
Seit Jahren bewegt sich Bialke in der linken Szene, wird dort von vielen | |
als Einzelgänger betrachtet. Der 28-jährige Neuköllner rechnet sich dem | |
autonomen Spektrum und, wie er selbst sagt, der "deutschsprachigen | |
Hobby-Sprengmeisterszene" zu. Die Polizei durchsuchte seine Wohnung | |
wiederholt nach Sprengstoff. Am 3. Mai muss er sich wegen Verstößen gegen | |
das Waffengesetz vor Gericht verantworten. Bereits 2009 wurde er zu einer | |
Geldstrafe verurteilt, weil er bei einem Staatsbesuch auf Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel (CDU) zugerannt war. Polizisten überwältigten ihn. | |
Er sei gewillt, die Demo "durchzuziehen", sagte Bialke der taz. Ziel sei | |
es, die "verknöcherten Strukturen" der Szene aufzubrechen. Laut seinem | |
Aufruf soll zudem gegen die "Zensur von Bombenbauanleitungen" und für "die | |
Liebe der Menschen" demonstriert werden. | |
Die bisherigen Organisatoren der 18 Uhr-Demo Szene reagierten gelassen. "Es | |
steht jedem frei, irgendwas anzumelden", so Lars Laumeyer von der | |
Antifaschistischen Linken Berlin. "Mit unserer 1. Mai-Demo hat das nichts | |
zu tun." Jonas Schiesser von der Antifaschistischen Revolutionären Aktion | |
Berlin schloss eine Zusammenarbeit aus. Das Bündnis suche noch einen | |
eigenen Anmelder. Dringlich sei diese Frage aber nicht, so Schiesser. Er | |
geht davon aus, dass sich am Abend des 1. Mai mehrere tausend Menschen in | |
Kreuzberg für einen Aufzug versammeln werden. "Dann muss die Polizei sehen, | |
wie sie damit umgeht." | |
In der Vergangenheit endete die 18 Uhr-Demo oft in Krawallen. In diesem | |
Jahr erhoffen sich die Organisatoren eine Repolitisierung, sie wollen den | |
Aufzug unter einem stadtpolitischen Fokus nach Neukölln führen - laut den | |
Planern auch, um "Alkohol- und Krawalltouristen des Myfests" fernzuhalten. | |
In der linken Szene findet die Idee eines unangemeldeten Aufzugs durchaus | |
Sympathie. Seit Tagen wird bereits eine "Spontan"-Versammlung gegen | |
Gentrifizierung um 16 Uhr am Mariannenplatz beworben - inmitten des | |
Myfests. Man wolle versuchen, "den 1. Mai im Herzen von Kreuzberg neu zu | |
politisieren", heißt es in einem Aufruf. Anschließend wolle man sich im | |
stadtpolitischen Block auf der 18 Uhr-Demo beteiligen. | |
Versammlungsrechtlich sind diese nicht angemeldeten Aufzüge nicht erlaubt. | |
Allerdings könnten auch noch am 1. Mai selbst Spontandemos angemeldet | |
werden. Die Polizei gab sich gelassen: "Bis zum 1. Mai ist noch viel Zeit, | |
Veranstaltungen an- und abzumelden", so ein Sprecher. | |
18 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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