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# taz.de -- Ökowende für Ländle-Ökonomie: Weltmarktführer im Hirnschmalzen
> Wie kann eine grün-rote Landesregierung die Wirtschaft Baden-Württembergs
> ökologisch umbauen? Die Voraussetzungen dafür sind jedenfalls gut.
Bild: Ein typisch schwäbisches Produkt: Autozulieferer ZF stellt in Friedrichs…
BERLIN taz | Baden-Württembergs Exministerpräsident Günther Oettinger hatte
eine besondere Gabe: Er konnte auswendig Dutzende Firmen in seinem Land
aufzählen, die der Automobilindustrie Teile zuliefern, die in einigen
Jahren nicht mehr benötigt werden. Wenn Elektroautos in Massen auf den
Markt kommen, braucht man keine Lichtmaschinen und Anlasser mehr.
Oettingers Fazit: Will der Südwesten Autoland bleiben, muss er das Auto neu
erfinden.
Die neue Landesregierung übernimmt ein Bundesland, in dem bereits die
schwarz-gelbe Vorgängerkoalition vom ökologischen Umbau der Wirtschaft
sprach - es ging kaum mehr anders. "Die Wirtschaft hat ökologische
Geschäftsmöglichkeiten viel früher entdeckt als die Politik. Mich wundert
es, dass wir uns bei dem Thema die Butter vom Brot nehmen lassen konnten",
sagt etwa Walter Döring im Gespräch mit der taz, von 1996 bis 2004
Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg. Früher warnte seine Regierung vor
"Spargeln in der Landschaft", heute sitzt Döring im Vorstand der Windreich
AG, die einen Windpark für 1,5 Milliarden Euro in der Nordsee bauen will.
Ähnlich hat sich auch die Wirtschaft Baden-Württembergs gewandelt:
Beispielsweise die Firma Schuler aus Göppingen, dort baut man Pressen für
die Autoindustrie oder Euro-Münzen. Weil dafür extrem belastbare Getriebe
vonnöten sind, will man die Technik jetzt auf Windmühlen übertragen und
gleich ganze Anlagen bauen.
## "Sie müssen den schwäbischen Mittelstand rund um die Uhr pflegen"
Die Unternehmensberatung McKinsey hat 2010 in einer Studie für
Baden-Württtemberg die besten Wachstumschancen eruiert. Neben Gesundheit
und Pflege sowie IT-Dienstleistungen waren es nachhaltige Mobilität sowie
als größter Posten: Umwelttechnologie und Ressourceneffizienz. Die nötigen
Investitionen seien allerdings enorm, das Land habe deshalb begrenzte
finanzielle Möglichkeiten, heißt es in der Studie. Wichtiger seien:
"Festlegen von Rahmenbedingungen, Bewusstseinsbildung in den
mittelständischen Unternehmen und Begleitung des Strukturwandels".
Döring drückt es in der Praxis so aus: "Sie müssen den schwäbischen
Mittelstand rund um die Uhr pflegen. Auch der kleinste Betrieb ist
wichtig." Im Land wimmelt es von Unternehmen, die Weltmarktführer in ihrem
Spezialgebiet sind. Viele gehören noch der Gründerfamilie. Sie müssen nicht
auf kurzfristige Rendite schielen. "Die sind entscheidungsfreudiger, in die
Region verwurzelt und denken längerfristiger", sagt Döring.
McKinsey spricht von einer "kritischen Masse" an Unternehmen, die Ideen und
Innovationen auch umsetzen können. Allerdings investieren die Firmen im
weltweiten Vergleich so viel in Forschung und Entwicklung wie nirgends
sonst: 3,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukt, in Deutschland sind es im
Schnitt 1,8, in Frankreich 1,3. Die Politik liegt mit ihren Ausgaben von
0,4 Prozent des BIP im Durchschnitt. Wichtig ist eine bessere Vernetzung
der Forschung, die alte Regierung hat mit der "Landesinitiative
Elektromobilität" und der Gründung von "e-mobil BW" bereits Vorlagen
geliefert.
## Acht Flächenländer mit höherem Wachstum
"Die Wirtschaft hat alle Voraussetzungen, internationaler Vorreiter beim
ökologischen Umbau der Weltwirtschaft zu werden. Die Politik hat aber nicht
die Kompetenz zu wissen, wie man das macht. Was sie kann, ist Forschung,
Bildung und Wirtschaft verklammern", sagt Dieter Spöri, einstiger
Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg.
Das Land hätte es nötig, die Schätze seiner Tüftler zu heben: Zwar wächst
die Wirtschaft im ersten Quartal 2011 um über 5 Prozent, allerdings brach
sie in der Krise auch überdurchschnittlich ein. Von 1998 bis 2008
verzeichneten acht der 13 deutschen Flächenländer ein höheres Wachstum als
der Südwesten.
28 Apr 2011
## AUTOREN
Ingo Arzt
Ingo Arzt
## TAGS
Energiewende
Schwerpunkt Stuttgart 21
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