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# taz.de -- 30 Jahre "Traumzauberbaum": Der Albtraumbaum
> Seit drei Jahrzehnten regiert Reinhard "Wallehaar" Lakomy in den
> Kinderzimmern. Er ist das Ost-Pendant zu Rolf Zuckowski und eines der
> nervigsten DDR-Überbleibsel.
Bild: Traumzauberbaumgestalten: Einmal in die Kinderstube reingelassen, kriegt …
Es gibt Kindheitserinnerungen, die bleiben ein Leben lang. Westlich der
Elbe wurde "Sesamstraße" geguckt, Flutschfinger-Eis geschleckt und
"Pumuckl"-Kassetten gehört. Im Osten wiederum gab es polnisches
Erdbeer-Vanille-Eis, blaue Trabant-Auspuffwölkchen und die
Kinderschallplatte "Traumzauberbaum". Seit dreißig Jahren tönen die
"Geschichtenlieder" des Ostberliner Musikers Reinhard Lakomy nun durch die
Kinderzimmer. Es hört einfach nicht auf.
Am Sonntag wurde das Jubiläum in einem Revuetheater in Berlin-Mitte
begangen. Auf die telefonische Bitte der Redaktion hin, diesen Toptermin zu
besuchen und über das zu Gehör Gebrachte zu schreiben, sonderte ich ein
Würgegeräusch in den Hörer ab. Es ist nämlich so, dass diese Kindermucke
mich schon lange verfolgt. Seit 30 Jahren spielt sich der Plot im
Traumzauberwald ab, wo der Traumzauberbaum steht, an dem die Traumblätter
wachsen, die wiederum die Regenträume enthalten, welche schließlich in elf
Liedern zu Gehör gebracht werden.
Eine insgesamt etwas wirre Geschichte, in der Kobolde namens Moosmutzel,
Zausel und Waldwuffel eine Rolle spielen. Die sollen dem Ganzen
dramaturgischen Halt geben. Aber wenn einst meine Kinder die Kassette in
ihre Kinderrekorder steckten und auf den Startknopf drückten, schloss ich
stets fest die Türen.
Heute tourt Herr Lakomy immer noch mit seinem "Traumzauberbaum"-Programm
über deutsche Bühnen und verzaubert Kinderherzen. Der Mann, zu seligen
DDR-Tagen Träger des Nationalpreises der DDR sowie gleich dreier
Kunstpreise, sitzt auf der Bühne am Klavier und lässt sein weißes Haar
wallen. Die Kobold-Darsteller hingegen sind clownesk geschminkt, was eher
gespenstisch wirkt. Clowns werden ja völlig zu Unrecht als Kinderfreunde
gehandelt.
Bitte nicht missverstehen: Man kann so was mögen, man kann sich auch die CD
kaufen und zum Konzert gehen, ist ja ein freies Land. Aber Weniges an der
DDR selig nervt mich bis heute so sehr wie dieser Traumzauberkram.
Vielleicht verstehen jene westelbischen Eltern meine Haltung, deren letzte
dreißig Jahre von einem Herrn namens Rolf Zuckowski musikalisch infiltriert
wurden. Auch dieser Künstler verzaubert seit Anfang der 80er Jahre
Kinderherzen mit seiner sauberen, seichten Heißa-Haltung. Rolf und seine
Freunde stören den Familienfrieden mit "Spaßliedern" und "Liedern, die wie
Brücken sind". Über die Sprengung dieser Brücken haben sicher schon viele
Eltern nachgedacht. Zumindest aber fest die Kinderzimmertür geschlossen.
1 May 2011
## AUTOREN
Anja Maier
Anja Maier
## TAGS
DDR-Rock
Lesestück Interview
Musik
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