# taz.de -- Niedersächsisches Volksbegehren gescheitert: 250.000 Unterschrifte… | |
> Sie wollten mehr Gesamtschulen in Niedersachsen. Doch die Initiatoren | |
> erreichten das Quorum von 600.000 gültigen Unterschriften nicht. | |
Bild: Es hat nicht gereicht: Mit Theateraufführungen warben Schülerinnen der … | |
BERLIN taz | Mit einer Viertelmillion Menschen an Aller und Leine über | |
Bildung gesprochen, fast ebensoviele Unterschriften gesammelt und das alles | |
ehrenamtlich und ohne kräftige Kapitalgeber im Hintergrund - die Bilanz der | |
Initiatoren des Volksbegehrens für gute Bildung in Niedersachsen kann sich | |
sehen lassen. Dennoch hat es unterm Strich nicht gereicht. | |
Das seit eineinhalb Jahren laufende Volksbegehren kann als gescheitert | |
gelten. Am Montag endet die Frist zum Unterschriftensammeln und die nötigen | |
600.000 Unterschriften kamen längst nicht zusammen. "Das Quorum von 10 | |
Prozent der Wahlberechtigten war nicht zu knacken, das hat uns das Genick | |
gebrochen", gibt die Sprecherin des Volksbegehrens Andrea Hesse unumwunden | |
zu. | |
Zwischen 220.000 und 250.000 Menschen unterschrieben im Laufe des letzten | |
und in den ersten Monaten dieses Jahres auf den Listen des Bündnisses aus | |
Eltern und Pädagogen. Diese stritten für eine Änderung des | |
niedersächsischen Schulgesetzes in dreifacher Hinsicht: die Rückkehr zum | |
Abitur in neun statt acht Jahren an Gymnasien und Gesamtschulen, die | |
leichtere Gründung neuer Gesamtschulen und eine bessere Ausstattung für | |
Grund- und Förderschulen. | |
Alles Themen, die den Initiatoren wichtig sind; "Aber vielleicht hätten wir | |
mehr Stimmen bekommen, wenn die Forderung einfacher gewesen wäre", meint | |
Hesse. Auch sei es nicht gelungen das Netz der Ehrenamtlichen dicht genug | |
zu knüpfen. Dort wo sich die Unterschriftensammler aufbauten, sei der | |
Zuspruch aber groß gewesen, berichtet Hesse. | |
Auch der im April 2010 neu ins Amt gekommene Kultusminister Bernd | |
Althusmann (CDU) nahm den Forderungen des Volksbegehrens mit seiner moderat | |
modernen Bildungspolitik ein wenig die Dringlichkeit. So erreichte er gegen | |
die Zweifler in der eigenen Partei, dass Niedersachsens Schulsystem künftig | |
zweigliedrig sein wird und Haupt- und Realschulen zu Oberschulen | |
fusionieren, die Schüler sogar bis zum Abitur besuchen können. | |
## "Die Bewegung bleibt" | |
Für die Elternaktivisten sind die Oberschulen ein Schritt in die richtige | |
Richtung, aber keine originären Gesamtschulen. "Die wenigsten Oberschulen | |
werden eine gymnasiale Oberstufe haben, so dass die Leistungsspitzen | |
fehlen", argumentiert Hesse. | |
Die Hürden für die Gründung neuer Gesamtschulen bleiben weiterhin hoch. | |
Schüler für fünf fünfte Klassen müssen in der Regel jedes Jahr | |
zusammenkommen, was gerade in den sich entvölkernden ländlichen | |
Landstrichen ein Genehmigungskiller ist. In diesem Punkt, aber auch bei der | |
Rückkehr zum neunjährigen Abitur blieben die Forderung des Volksbegehrens | |
ungehört. | |
Die Aktiven sind dennoch nicht mutlos. "Zu den Kommunalwahlen im Herbst und | |
den Landtagswahlen 2013 kommen unsere Themen wieder auf den Tisch", sagt | |
Andreas Backfisch, Elternvertreter der Integrierten Gesamtschule Göttingen. | |
Bis dahin kämpfe der bewegte Kern der Göttinger Elternschaft weiter dafür, | |
dass Schüler an der Gesamtschule ausnahmsweise bis zur Klasse 10 gemeinsam | |
lernen können und nicht bereits in Klasse 9 nach Leistungsniveaus getrennt | |
werden. | |
Die Schule ist in diesem Jahr für den Deutschen Schulpreis nominiert. | |
Sollte sie den Preis im Juni in Berlin tatsächlich abräumen, wäre das ein | |
wichtiges Signal an die Bildungspolitiker. "Und wir hoffen natürlich, dass | |
250.000 Unterschriften nun nicht einfach im Mülleimer landen", sagt | |
Backfisch und bekräftigt: "Die Bewegung bleibt." | |
2 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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