# taz.de -- Kampf gegen Terrorismus: Obama setzt auf Einsätze in Pakistan | |
> Über den Einsatz gegen al-Qaida-Chef bin Laden hatten die USA Pakistan | |
> nicht informiert. Und Obama behält sich weitere Einsätze im Land vor. | |
> Fotos des Getöteten werden nicht veröffentlicht. | |
Bild: US-Präsident Obama und Mitglieder seines nationalen Sicherheitsteams. | |
WASHINGTON afp/dpa | Trotz der Spannungen zu Pakistan schließt US-Präsident | |
Barack Obama weitere Einsätze gegen Terrorverdächtige in dem Land nicht | |
aus. Obama behalte sich das Recht dazu vor, sagte sein Sprecher Jay Carney | |
am Mittwoch (Ortszeit). Das Weiße Haus wird darüber hinaus die Fotos vom | |
toten Osama bin Laden nicht freigeben. | |
"Es ist uns sehr wichtig, dass sehr eindringliche Fotos von jemandem, der | |
in den Kopf geschossen wurde, nicht zur Anstachelung weiterer Gewalt oder | |
als Propaganda-Werkzeug im Umlauf sind", sagte Obama in einem Interview des | |
Senders CBS. Es gebe keinen Zweifel, dass Bin Laden tot sei. Auch | |
Mitglieder des Terrornetzes al-Qaida bezweifelten das nicht. Ob die Fotos | |
veröffentlicht würden oder nicht, mache keinen Unterschied. Wer noch immer | |
nicht vom Tod des Terroristenchefs überzeugt sei, werde auch nicht von | |
Bildern umgestimmt, sagte Obama. | |
Im Senat scheinen aber gefälschte Bilder des toten al-Qaida-Chefs die Runde | |
gemacht zu haben. Drei republikanische Abgeordnete mussten ihre Aussage, | |
sie hätten das offizielle Foto gesehen, revidieren. | |
Zu weiteren Einsätzen in Pakistan, sagte Obamas Sprecher Carney, der | |
Präsident habe bereits während des Präsidentschaftswahlkampfs deutlich | |
gemacht, dass er Einsätze in Pakistan anordnen würde, wenn dort | |
Terrorverdächtige aufgespürt würden. Er sei weiterhin der Ansicht, dass | |
dies der "richtige Ansatz" sei. Obama hatte 2008 erklärt, er werde gegen | |
Bin Laden oder andere ranghohe Vertreter des Terrornetzwerks auch in | |
Pakistan vorgehen, wenn die dortige Regierung "unfähig oder nicht willens" | |
sei, zu handeln. | |
Pakistan hatte einst das Taliban-Regime in Afghanistan unterstützt, war | |
aber nach den Terroranschlägen vom 11. September an die Seite der USA in | |
den Kampf gegen den Terrorismus eingetreten. Seither überwiesen die USA 18 | |
Milliarden Dollar an Hilfsleistungen nach Pakistan. Das meiste davon ging | |
an das Militär. 2009 verabschiedete der US-Kongress aber auch ein | |
Hilfsprogramm für den Bau von Schulen, Straßen und demokratischen | |
Einrichtungen. | |
## Fünf Computer und zehn Festplatten sichergestellt | |
Unterdessen werden immer mehr Einzelheiten der Kommandoaktion gegen | |
Amerikas Staatsfeind Nummer eins in der pakistanischen Garnisonsstadt | |
Abbottabad bekannt. Neben der Leiche des Topterroristen habe das | |
US-Spezialkommando große Mengen Material aus dem Unterschlupf Bin Ladens | |
mitgenommen, berichteten US-Medien. Es seien fünf Computer, zehn | |
Festplatten und mehr als 100 Speichergeräte wie DVDs und USB-Sticks | |
sichergestellt worden. Dies sei eine "fantastischen Ausbeute" für die | |
US-Geheimdienste. | |
"Es ist mehr als wir erwartet haben", sagte ein Regierungsbeamter. "Wir | |
haben schriftliches Material, Fotos, alle möglichen Sachen." Sie werden nun | |
zur Analyse ins CIA-Hauptquartier im US-Bundesstaat Virginia gebracht. Die | |
USA erhoffen sich davon unter anderem Hinweise auf die bisherige Nummer | |
zwei der al-Qaida, Eiman al-Sawahiri. | |
CIA-Chef Leon Panetta sagte, bin Laden sei unbewaffnet gewesen. Es habe | |
jedoch Schießereien gegeben - "bedrohliche Bewegungen, die unsere Jungs | |
gefährdet haben. Darum haben sie geschossen", sagte Panetta dem US-Sender | |
PBS. Die Soldaten hätten dafür ausdrücklich die Befugnis gehabt. "Hätte er | |
(bin Laden) die Hände hochgenommen und aufgegeben oder ein anderes Zeichen | |
gemacht, dass er keine Gefahr darstellt, dann hätten ihn die Soldaten | |
festgenommen." | |
Obama habe die Tötung bin Ladens nicht mitangesehen, berichtete der | |
CIA-Direktor. "Als die Teams in das Gebäude eingedrungen waren, gab es eine | |
Zeitspanne von 20 bis 25 Minuten, in der wir nicht wussten, was dort | |
passierte." Warum die Verbindung zwischen der Sondereinheit und dem Weißen | |
Haus plötzlich abgebrochen war, sagte der Geheimdienstchef nicht. | |
Schließlich sei das Code-Wort "Geronimo" gefallen, dass für den Tod des | |
al-Qaida-Chefs gestanden habe. An dem Einsatz waren laut Panetta 25 | |
Elitesoldaten beteiligt. | |
## Anwesen bin Ladesn nachgebaut | |
Der US-Sender MSNBC berichtete, eine solche Mission erfordere Übung. | |
Deshalb sei auf der US-Luftwaffenbasis im afghanischen Bagram das Anwesen | |
bin Ladens in Abbottabad nachgebaut worden. Dort sei der spätere Einsatz in | |
Pakistan seit April geprobt worden. | |
Im Gedenken an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September will Obama | |
am Ground Zero in New York einen Kranz niederlegen. Dort will er nach | |
Angaben des Weißen Hauses auch Angehörige der Opfer treffen. Seinem | |
Sprecher Carney zufolge will der Präsident mit seinem Besuch das | |
"Gemeinschaftsgefühl" würdigen, das das Land nach den Attentaten verspürt | |
habe. Bei den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon in | |
Washington waren etwa 3000 Menschen ums Leben gekommen. | |
5 May 2011 | |
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