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# taz.de -- USA und Pakistan: Misstrauen auf allen Seiten
> Der US-Präsident will auch weiterhin nicht auf "Terroreinsätze"
> verzichten. Das pakistanische Militär und die Regierung sind in
> Erklärungsnot.
Bild: Soldat am Haus von Osama bin Laden.
BERLIN taz | US-Präsident Barack Obama behält sich - gegen den
ausdrücklichen Willen Pakistans - das Recht auf weitere Militäreinsätze
gegen Terrorverdächtige in dem südasiatischen Land vor. Dies erklärte
Obamas Sprecher Jay Carney am Mittwoch in Washington. Obama habe bereits
während des Präsidentschaftswahlkampfs 2008 deutlich gemacht, dass er
Einsätze in Pakistan anordnen werde, wenn die dortige Regierung "unfähig
oder nicht willens" sei zu handeln, sagte Carney. Der Präsident sei
weiterhin der Ansicht, dies sei der "richtige Ansatz". Schon damals hatten
Obamas Äußerungen Proteste in Pakistan provoziert. Denn solche Einsätze
verletzen die pakistanische Souveränität und verstoßen gegen das
Völkerrecht.
Am Donnerstag warnte der Staatssekretär im pakistanischen Außenministerium,
Salman Bashir, die US-Regierung - ohne sie direkt zu erwähnen: "Wir denken,
dass diese Art falsches Abenteuer oder Fehlkalkulation in einer
fürchterlichen Katastrophe endet", sagte er. "Denn es sollte kein Zweifel
bestehen, dass Pakistan die angemessenen Fähigkeiten hat, seine eigene
Verteidigung sicherzustellen."
Doch genau dies bezweifeln nach der US-Geheimaktion in Abbottabad in der
Nacht zu Montag selbst viele Pakistaner. Sie kritisieren ihr Militär und
dessen Geheimdienst so scharf wie selten. Der Chef des US-Geheimdienstes
CIA, Leon Panetta, hatte klargemacht, dass Islamabad von Washington nicht
vorab über die Aktion der Navy Seals zur Ausschaltung von Osama bin Laden
informiert worden war. Sonst wäre die gesamte Operation gefährdet gewesen.
Dies war ein klarer Misstrauensbeweis. Die Aktion selbst führte dann
Pakistans mangelnde Abwehrfähigkeit vor: Mehrere US-Hubschrauber drangen
unerkannt aus Afghanistan tief in den pakistanischen Luftraum ein, wo sie
die tödliche Kommandoaktion in direkter Nähe zu Pakistans Militärakademie
durchführten.
Damit stehen Pakistans mächtige Militärs blamiert da, selbst wenn jetzt
anhand einiger Wrackteile eines abgestürzten US-Hubschraubers vermutet
wird, dass fürs Radar unsichtbare und bis dahin unbekannte
Tarnkappenhelikopter eingesetzt wurden. Wie sicher sind dann pakistanische
Atomwaffen vor einem Zugriff amerikanischer, indischer oder terroristischer
Kommandos?, fragen sich viele in Pakistan. Andere halten es schlicht für
unmöglich, dass Pakistans Militär und Geheimdienst von der Aktion nichts
wussten.
Wie die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf ungenannte
Regierungsquellen berichtete, wollte sich Armeechef Ashfaq Parvez Kayani
gestern erstmals mit hohen Militärs treffen und über Konsequenzen aus dem
Fall beraten. Das Militär hat bisher nicht erklärt, wie es zu dem
unerkannten Eindringen des US-Kommandos wie auch zum wohl mehrjährigen
unerkannten Aufenthalt des gesuchtesten Terroristen der Welt in
unmittelbarer Nachbarschaft zur Militärakademie kommen konnte. Denn darauf
verweisen auch einige, wenn auch wenige pakistanische Kommentatoren:
Pakistans Souveränität wurde nicht nur von den USA verletzt, sondern auch
von bin Laden - sofern er nicht aus dem Apparat gedeckt wurde. Gegen
Ersteres wollen am Freitag Islamisten protestieren.
5 May 2011
## AUTOREN
Sven Hansen
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