# taz.de -- Kommentar Foto von Bin-Laden: Weiser Obama | |
> Präsident Barack Obamas Entscheidung, die Bilder von Osama bin Laden | |
> nicht zu veröffentlichen, ist weise. Denn sie verzichtet auf eine Tötung | |
> nach der Tötung. | |
Mit Bildern setzen sich seit je Regime in Szene. Bilder sind | |
Propagandawerkzeuge und Waffen. Sie können tödlich sein. | |
Die Diskussion in Washington über den Umgang mit den Bildern von dem toten | |
Osama bin Laden war deswegen keineswegs nur geschmäcklerisch. Wenn nach der | |
Tötungsexpedition nach Pakistan die Veröffentlichung des Fotos von der | |
zerschossenen Leiche von bin Laden erfolgt wäre, hätte das die USA als | |
eines jener Länder gezeigt, die sich mit bluttriefenden Trophäen schmücken. | |
Es hätte die Zeit nach der Tötung brutalisiert. Es hätte die Politik | |
schwieriger gemacht. | |
Natürlich existieren die Fotos. Und natürlich haben zahlreiche | |
Verantwortliche in Washington sie inzwischen gesehen. In den Zeiten von | |
elektronischer Bilderfassung und von Wikileaks ist es deshalb nur eine | |
Frage der Zeit, dass sie irgendwann auch im Internet landen werden. | |
Aber es ist etwas anderes, ob eine solche Entscheidung vom obersten | |
Befehlshaber und politisch Verantwortlichen der USA getroffen wird oder | |
nicht. Und es ist auch etwas anderes, ob diese brutalen Bilder direkt nach | |
dem Ereignis veröffentlicht werden oder erst, wenn sie zu historischen | |
Dokumenten geworden sind. | |
Zusätzliche Informationen für jene, die Osama bin Ladens Tod anzweifeln, | |
hätten die Bilder nicht gebracht. Verschwörungstheoretiker sind nicht | |
zugänglich für Fakten. Wer ihnen ein Bild vorlegt, löst damit bloß die | |
nächste Frage aus: Warum dieses Bild, dieser Ausschnitt? Warum jetzt? | |
Präsident Barack Obama hat seine Entscheidung, die Bilder nicht zu | |
veröffentlichen, mit dem Sicherheitsinteresse der USA begründet. Das ist | |
ein Argument von Gewicht. Denn natürlich können brutale Bilder zu brutalen | |
Reaktionen führen. Weise ist die Entscheidung aber vor allem deswegen, weil | |
sie auf eine Tötung nach der Tötung verzichtet. | |
5 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Debatte US-Außenpolitik: Rache statt Gerechtigkeit | |
Osama bin Ladens Tod hätte eine gute Gelegenheit geboten, den weltweiten | |
"Krieg gegen den Terror" zu beenden. Obama hat sie verpasst. | |
Indianer war Codewort für bin Laden: Häuptling, nicht Terrorführer | |
Der Name des widerständischen Indianerhäuptlings Geronimo war Codewort für | |
Osama bin Laden. Geronimo ist Symbolfigur für Widerstand und Aussöhnung. | |
USA und Pakistan: Misstrauen auf allen Seiten | |
Der US-Präsident will auch weiterhin nicht auf "Terroreinsätze" verzichten. | |
Das pakistanische Militär und die Regierung sind in Erklärungsnot. | |
Militärbischof über Töten und Moral: "Merkels Satz war unbedacht" | |
Militärbischof Martin Dutzmann findet es befremdlich, dass die Kanzlerin | |
Freude über den Tod von Osama bin Laden geäußert hat. Denn auch dessen | |
Würde sei unantastbar. |