# taz.de -- Gefechte in Libyen: Nato-Bomber über Tripolis | |
> Erneut wurde die libysche Hauptstadt Tripolis von Nato-Flugzeugen | |
> angegriffen. Die UN-Nothilfekoordinatorin fordert Waffenruhe. Rund | |
> 750.000 Flüchtlinge sind auf Hilfe angewiesen. | |
Bild: Nach den Nato-Angriffen: Journalisten werden durch die beschädigten Geb�… | |
TRIPOLIS dapd/afp | Bei NATO-Luftangriffen auf Ziele in der libyschen | |
Hauptstadt Tripolis sind in der Nacht zum Dienstag vier Gebäudekomplexe | |
bombardiert worden. Laute Explosionen waren in der Stadt zu hören und | |
Rauchsäulen stiegen auf. Zwischen den Luftangriffen warf ein Flugzeug | |
Leuchtfackeln ab. | |
Einige Bewohner antworteten mit Schüssen in die Luft. Wenige Stunden vor | |
den Luftangriffen kam es im Osten des Landes zu heftigen Kämpfen zwischen | |
Rebellen und Regierungstruppen. Eines der getroffenen Gebäude gehörte nach | |
Angaben von Bewohnern dem Militärgeheimdienst. In den frühen Morgenstunden | |
wurde Journalisten ein getroffenes Gebäude gezeigt, das manchmal von | |
Parlamentariern genutzt wird. | |
Was sonst noch angegriffen wurde, war zunächst unklar. Der Rauch schien | |
jedoch über einem weitläufigen Anwesen der Familie von Machthaber Muammar | |
al Gaddafi aufzusteigen. Eine Bestätigung war zunächst nicht möglich, da | |
Journalisten ihre Quartiere in Tripolis nur in Begleitung von | |
Regierungsbeamten verlassen dürfen. | |
Den Journalisten wurden auch Schäden an einem Krankenhaus in der Nähe eines | |
der Ziele der nächtlichen Luftangriffe gezeigt. Einige Fenster waren | |
zerbrochen und mehrere Dachziegel heruntergefallen. Mustafa Rahim, ein Arzt | |
des Krankenhauses sagte, ein Kind sei schwer verletzt worden. | |
## UN-Nothilfekoordinatorin fordert Waffenruhe | |
UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos rief alle am Konflikt beteiligten | |
Seiten zu einer Waffenruhe auf, um die Versorgung der Bevölkerung mit | |
Nahrung, Wasser, medizinischer Hilfe und sonstigen Hilfsgütern zu | |
ermöglichen. Dem UN-Sicherheitsrat sagte sie, eine Kampfpause würde es den | |
Hilfsorganisationen außerdem erlauben, noch immer in Libyen festsitzende | |
ausländische Arbeiter zu evakuieren. Die Bevölkerung bekäme eine | |
Verschnaufpause. | |
Melissa Fleming, Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks forderte am | |
Dienstag die europäischen Länder, die im Mittelmeer vor Libyen | |
patrouillieren, zu aktiverer Hilfe für Flüchtlingsboote auf. | |
"Jedes Boot, das Libyen verlässt, muss ab dem ersten Moment als | |
hilfsbedürftig angesehen werde", sagte sie in Genf. Die Schiffe sollten | |
nicht erst auf einen Notruf warten, sondern die Flüchtlinge gleich retten. | |
Ein somalischer Diplomat habe sie darüber informiert, dass die Leichen von | |
16 Flüchtlingen geborgen worden seien, deren mit 600 Personen besetztes | |
Boot am Freitag vor Tripolis unterging. Unter den geborgenen Leichen hätten | |
sich zwei Säuglinge befunden. | |
## 750.000 Menschen auf der Flucht | |
Seit Beginn der Kämpfe zwischen Truppen des libyschen Machthabers Muammar | |
el Gaddafi und Oppositionstruppen sind nach Angaben der Vereinten Nationen | |
bereits 750.000 Menschen aus Libyen geflohen. | |
#Der Konflikt zwischen Gaddafi-Anhängern und Rebellen, der Zusammenbruch | |
der staatlichen Infrastruktur sowie Mangel an Geld und Benzin stellten die | |
Bevölkerung des Landes vor "ernste Probleme", erklärte die | |
UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos in New York. Angaben zur Zahl der | |
Todesopfer seit Beginn des Konfliktes Mitte Februar nannte Amos nicht. | |
Nach Erkenntnissen der UNO haben bereits 746.000 Libyer das Land verlassen, | |
etwa 5.000 sitzen an Grenzübergängen nach Ägypten, Tunesien und Niger fest | |
und 58.000 sind im Osten Libyens auf der Flucht. Versorgungsengpässe | |
lähmten das ganze Land und bedrohten vor allem die Ärmsten und Schwächsten, | |
warnte die UN-Nothilfekoordinatorin. Von notwendigen 300 Millionen Dollar | |
Nothilfe für Libyen hätten die Vereinten Nationen bisher lediglich 144 | |
Millionen erhalten. | |
## Heftige Gefechte in Adschdabija | |
Am Montag lieferten sich libysche Rebellen südlich der von ihnen gehaltenen | |
Stadt Adschdabija heftige Gefechte mit Regierungstruppen. Hunderte Rebellen | |
versammelten sich am Montagnachmittag (Ortszeit) an einem Kontrollpunkt | |
außerhalb von Adschdabija, rund 150 Kilometer südlich der Rebellenhochburg | |
Bengasi im Osten des Landes. | |
Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP zählte rund 100 Pickups mit jeweils | |
vier oder fünf Kämpfern, die von der Front zurückkehrten. Sie sagten, ihnen | |
sei mitgeteilt worden, dass die NATO Luftangriffe auf die Streitkräfte | |
Gaddafis durchführen werde. Sie seien angewiesen worden, sich vorübergehend | |
von der Front zurückzuziehen. | |
Über die Zahl der Todesopfer der jüngsten Gefechte war zunächst nichts | |
Genaueres bekannt. Die Rebellenarmee kommt seit Wochen nicht aus der Gegend | |
um Adschdabija heraus, um sich zum strategisch wichtigen Ölhafen Brega | |
vorzukämpfen. | |
## Gaddafi-Truppen nehmen Misrata unter Beschuss | |
Unterdessen nahmen Gaddafi-Truppen Berichten zufolge ein nördliches | |
Stadtviertel von Misrata unter Beschuss. NATO-Luftangriffe hätten Ziele am | |
Südrand der Stadt getroffen, sagte der Kämpfer Abdel Salam. Die Kämpfe in | |
Misrata bedrohten das Hafengebiet der Stadt, sagte Salam. Einige | |
Hilfsschiffe könnten wegen der Gefechte nicht anlegen. | |
Nach Angaben des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes konnte am | |
Montag ein Schiff mit medizinischen Gütern und Babynahrung in Misrata | |
anlegen. Es war das erste Schiff seit Mittwoch, dass die Stadt erreichte. | |
10 May 2011 | |
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