# taz.de -- Krieg in Libyen: "Das Spiel ist aus für Gaddafi" | |
> Nato-Generalsekretär Rasmussen ist überzeugt, dass Gaddafis Zeit zu Ende | |
> geht. Dessen Truppen setzen jetzt Agrarflugzeuge ein. Ein Schiff mit 600 | |
> Flüchtlingen ist vor der libyschen Küste gesunken. | |
Bild: Wann gibt er endlich auf? Karikatur Gaddafis in Bengasi. | |
BENGASI/WASHINGTON dpa/afp/dapd | Ungeachtet der anhaltenden Pattsituation | |
in Libyen ist Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen überzeugt, dass | |
die Zeit für den libyschen Machthaber Muammar el Gaddafi ausläuft. | |
"Das Spiel ist aus für Gaddafi. Er sollte besser früher als später | |
erkennen, dass für ihn und sein Regime kein Platz mehr ist", sagte | |
Rasmussen am Sonntag im US-Fernsehsender CNN. "Wir haben Gaddafi gestoppt. | |
Seine Zeit läuft aus. Er ist mehr und mehr isoliert", sagte der Nato-Chef. | |
Es sei schwer vorstellbar, dass die "empörenden und systematischen Angriffe | |
auf das libysche Volk aufhören, solange Gaddafi an der Macht bleibt", sagte | |
Rasmussen weiter. Zugleich gestand er aber ein, dass es keine militärische | |
Lösung für den Konflikt gebe, sondern das Patt nur politisch gelöst werden | |
könne. Die Nato leitete seit März die Luftangriffe der internationalen | |
Militärkoalition, die auf der Basis der UN-Resolution 1973 die Sicherheit | |
der Zivilbevölkerung sichern und weitere Angriffe verhindern sollen. | |
## Flüchtlingsschiff gesunken | |
Vor der libyschen Küste ist nach Berichten von Augenzeugen ein | |
Flüchtlingsschiff mit 600 Menschen an Bord gesunken. Eine Sprecherin des | |
UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR erklärte am Montag, man bemühe sich derzeit | |
um eine Bestätigung der Angaben, nach denen das Schiff am Freitag auf dem | |
Meer auseinanderbrach. | |
Augenzeugen, die wenig später an Bord eines anderen Schiffes in See | |
stachen, sagten, sie hätten das Wrack und Leichen im Wasser gesehen. Dieses | |
Schiff erreichte später Italien. UNHCR-Sprecherin Laura Boldrini erklärte, | |
in den vergangenen Monaten hätten mindestens drei Flüchtlingsschiffe Libyen | |
verlassen und Italien nie erreicht. | |
## Agrarflieger als Bomber | |
Das Leiden in der belagerten libyschen Hafenstadt Misrata nimmt kein Ende: | |
Jetzt sind die Militärs des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi nach | |
Darstellung der Aufständischen zu illegaler Kriegsführung übergegangen. | |
Demnach sollen Hubschrauber mit Markierungen des Roten Kreuzes Minen im | |
Hafen verlegen, während die international geächteten Streubomben erneut | |
Schäden in der Stadt anrichteten. Und die schnellen Kampfjets der Nato | |
haben noch kein Mittel gegen die neueste Waffe der Gaddafi-Militärs | |
gefunden: die langsamen, aber überaus wendigen Agrarflieger in ihrer neuen | |
Rolle als Bomber. | |
In Misrata wurden am Sonntag Vorwürfe der illegalen Kriegsführung an die | |
Adresse der Belagerer laut. Aufständische berichteten im arabischen Sender | |
Al-Dschasira, dass die Gaddafi-Milizen Sanitätshubschrauber einsetzten, um | |
den Hafen zu verminen. "Die Hubschrauber haben Kennungen des Roten Kreuzes | |
und Roten Halbmonds, so dass jeder an humanitäre Hilfe denkt", sagte ein | |
Sprecher der Rebellen zu der Taktik. | |
Nach Darstellung der New York Times setzten die Belagerer erneut | |
Streubomben gegen Misrata ein. Die international geächteten Waffen, in | |
diesem Fall aus chinesischer Produktion, seien unter anderem mit Raketen | |
auf den Hafen abgefeuert worden. Zwei Menschen seien bereits durch die | |
kleinen, heimtückischen Sprengsätze ums Leben gekommen. | |
## Treibstoffdepot der Rebellen zerstört | |
Erst am Vortag hatten Gaddafis Militärs - unter Missachtung des von den UN | |
verfügten Flugverbots - Agrarflugzeuge zu Bombenabwürfen über Misrata | |
eingesetzt. Die Bomben aus den "Kartoffelfliegern" zerstörten das einzige | |
Treibstoffdepot der Aufständischen. Die im Gaddafi-kontrollierten Westen | |
des Landes gelegene Enklave wird von den Regimegegnern seit mehr als zwei | |
Monaten gegen die Truppen des Regimes verteidigt. | |
Britische Kampfflugzeuge zerstörten bei einem Einsatz in der Nähe der | |
libyschen Hafenstadt Sirte Raketenwerfer samt Munition. Wie der Sender BBC | |
am Sonntag weiter berichtete, waren die beiden Tornados auf Waffensysteme | |
vom veralteten sowjetischen Typ FROG-7 sowie Scud-Raketen angesetzt. Aus | |
dem Verteidigungsministerium in London verlautete, der Angriff sei "enorm | |
erfolgreich" verlaufen. | |
## Kämpfe an der tunesischen Grenze | |
Nach Kämpfen an der libysch-tunesischen Grenze warnte die Regierung in | |
Tunis das Nachbarland vor einem weiteren Bombardement einer Grenzstadt. | |
"Tunesien wird alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die nationale | |
territoriale Souveränität sicherzustellen und den Schutz der Bürger und | |
Flüchtlinge innerhalb des Rahmens der internationalen Gesetze zu | |
garantieren", heißt es in einer Mitteilung des Außenministeriums. | |
Bei heftigen Kämpfen um den westlichen Grenzposten Wassin hatten die | |
Gaddafi-Truppen sogar das Gebiet des Nachbarn Tunesien beschossen. Der | |
umkämpfte Posten Wassin dient den Aufständischen als Nachschublinie für die | |
von ihnen "befreiten" Gebiete im Nafusa-Gebirge. | |
## Italien dementiert Waffenlieferungen | |
Die italienische Regierung dementierte unterdessen Berichte über | |
Waffenlieferungen an die Aufständischen. "Ich weiß nichts davon, dass | |
Italien den Libyern Waffen gegeben hat, noch von einem Plan, dies zu tun", | |
sagte am Sonntag Verteidigungsminister Ignazio La Russa. Italien liefere | |
"nur Material zur Selbstverteidigung wie Lastwagen und solche Dinge", so La | |
Russa. Auch das Außenministerium habe Waffenlieferungen dementiert, | |
berichteten italienische Medien. | |
Der Vizepräsident des Übergangsrates der Aufständischen, Abdel Hafiz Ghoga, | |
hatte nach Medienberichten mitgeteilt, die Rebellen hätten eine | |
Vereinbarung über Waffenlieferungen zur Selbstverteidigung mit Italien | |
geschlossen. | |
9 May 2011 | |
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