# taz.de -- Kommentar Weißrussland: Lukaschenkos Rachefeldzug | |
> Angesichts schwerster Menschenrechtsverletzungen stellt sich jetzt eine | |
> Frage dringlicher denn je: Wer kann dem paranoiden Diktator überhaupt | |
> noch Einhalt gebieten? | |
Bild: Unkonventionelle Transporttechniken: Sicherheitskräfte in Minsk. | |
Die Verurteilung von Andrej Sannikow, dem ersten weißrussischen | |
oppositionellen Präsidentschaftskandidaten, zu fünf Jahren Haft wegen | |
Aufstachelung zum Massenaufruhr kommt leider wenig überraschend. | |
Schließlich geht es dem autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko, | |
dessen Schergen in den KGB-Knästen auch vor Folter nicht zurückschrecken, | |
doch vor allem darum, ein weiteres Exempel zu statuieren. | |
Und warum sollte er bei seinem Rachefeldzug gegen Regimekritiker | |
ausgerechnet im Falle eines seiner ärgsten Widersacher Milde walten lassen? | |
Der Ausgang des Schauprozesses lässt für die noch anhängigen Verfahren | |
gegen vier weitere Präsidentschaftskandidaten nichts Gutes erwarten. Sie | |
werden, wie Sannikow, auf Jahre in Gefängnissen und Arbeitslagern | |
verschwinden - wegen ihres Mutes, Lukaschenko bei den Wahlen im Dezember | |
2010 die Stirn geboten und anschließend gegen die dreist gefälschten | |
Ergebnisse protestiert zu haben. | |
Angesichts schwerster Menschenrechtsverletzungen stellt sich jetzt eine | |
Frage dringlicher denn je: wer kann dem paranoiden Diktator überhaupt noch | |
Einhalt gebieten? Tatsache ist: Weißrussland steht ökonomisch am Abgrund. | |
Devisenreserven sind nicht mehr vorhanden und eine massive Abwertung des | |
weißrussischen Rubel ist nur noch eine Frage der Zeit. | |
Gerade deshalb sollte die Europäische Union bei maximaler Unterstützung der | |
politischen Gefangenen und ihrer Angehörigen ernsthaft darüber nachdenken, | |
bereits verhängte Wirtschaftssanktionen auszuweiten. | |
Gleichzeitig wären klare Worte an die Adresse Moskaus vonnöten, das den | |
Nachbarn über Vorzugspreise für Energieimporte und Kredite immer noch | |
großzügig alimentiert. Zugegeben: auch wenn es absurd anmutet, ausgerechnet | |
Russland, wo ebenfalls Oppositionelle massiven Repressionen ausgesetzt | |
sind, bei Menschenrechtsverletzungen in die Pflicht zu nehmen. Einen | |
Versuch ist es wert. | |
15 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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