# taz.de -- Wahlkampf in Bremen: Bürgerliches Lager zerlegt sich selbst | |
> Die Oppositionsparteien CDU und FDP sind in einem desolatem Zustand. Sie | |
> werden vermutlich Sitze verlieren, die FDP es gar nicht schaffen. So | |
> treten mehrere Splitterparteien an. | |
Bild: Wahlkampf in Bremen: Die Spitzenkandidaten der SPD und der CDU. | |
BREMEN taz | Wenn die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zur Wahlkampfdebatte | |
lädt, dann ist das normalerweise ein Termin, bei dem ein CDU-Kandidat | |
mühelos punktet. Doch nicht einmal hier kann Thomas Röwekamp, Bremens | |
CDU-Chef und polizeiaffiner Ex-Innensenator, in diesen Wochen glänzen. Als | |
Röwekamp nicht pünktlich bei den Polizisten erscheint, wartet der | |
GdP-Vorsitzende Horst Göbel nicht lang - die Landesvorsitzende der Grünen | |
darf das Wort ergreifen. | |
Die oppositionelle CDU hat in den letzten Monaten in Bremen rasant an | |
Bedeutung verloren und Röwekamp war klug genug, das schon früh zu erkennen. | |
Auf die Spitzenkandidatur für die Bürgerschaftswahl am nächsten Sonntag | |
verzichtet der 43-Jährige. | |
Denn nicht nur ihm ist klar, dass angesichts des desolaten Zustands der | |
Bremer CDU derzeit nicht viel zu holen sein würde. Er überließ das | |
aussichtslose Rennen mit dem beliebten SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen der | |
Apothekerin Rita Mohr-Lüllmann. | |
Ob diese einen Achtungserfolg zu erzielen vermag, ist überaus fraglich. Im | |
Wahlkampf machte die Gesundheitspolitikerin vor allem dadurch von sich | |
reden, dass sie sich mit falschen Hafenarbeitern für Wahlplakate | |
fotografieren ließ. | |
Als die Bild sie daraufhin "Mogel-Rita" nannte, war Mohr-Lüllmann offenbar | |
beleidigt: Den "Kandidaten-Check" der Bild boykottierte sie als einzige | |
Spitzenkandidatin. | |
Auch sonst machte sie sich rar. Einladungen des DGB, des Landessportbundes | |
und sogar ein gesundheitspolitisches Podium - ihr Fachgebiet - schlug sie | |
aus. Selbst bei der Frauen-Union fehlte sie. Wo sie lieber hingegangen war, | |
konnte man auf ihrem Facebook-Account nachlesen: Sie sah sich in der | |
Vip-Lounge der Landesbank ein Fußballspiel an. | |
## CDU auf 19 Prozent abgestürzt | |
All diese Peinlichkeiten wurden meist aus Parteikreisen nach außen | |
kolportiert. Denn vielen dort gefällt Mohr-Lüllmanns Wahlkampf nicht. So | |
wurde der nichts sagende Slogan "Richtig gute Partei", den die Bremer CDU | |
plakatieren ließ, von der erzkonservativen Aktion "Linkstrend stoppen" auf | |
ihrer Internetseite komplett verrissen. | |
Die Bremer CDU sei damit "auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit", heißt | |
es. In den sechs Wochen seit Ende März verlor die CDU in Umfragen rund ein | |
Viertel ihrer Unterstützer und stürzte auf 19 Prozent ab. | |
Nicht besser sieht es für die FDP aus. Im Dezember trat nach langen | |
Querelen ihr Bürgerschaftsabgeordnete Uwe Wolthemath aus der Partei aus. | |
Die auf vier Parlamentarier reduzierten Liberalen verloren dadurch ihren | |
Fraktionsstatus und Zuschüsse in Höhe von 41.000 Euro im Monat. Wolthemath | |
kandidiert nun als Vorsitzender für die "BBL - Bremer Bürger Liste". | |
Und noch eine Splitterpartei setzt der FPD zu: die Wählerliste "B+B". Mit | |
ihren B+B-Kandidaturen machen ausgerechnet die Vorsitzenden der | |
Handwerkskammer und des Hotel- und Gastronomieverbandes Dehoga der FDP nach | |
Kräften Konkurrenz. | |
"Wir müssen unseren Argumenten Gehör verschaffen", sagt der Geschäftsführer | |
des Dehoga, Thomas Schlüter. "Es gibt ja keine nennenswerte Opposition | |
mehr" - schließlich werde die FDP es nicht mehr in die Bürgerschaft | |
schaffen. Er könnte tatsächlich recht behalten: Die letzten Umfragen sehen | |
die FDP zwischen 3 und 4 Prozent. | |
15 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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